: Genug geistig-moralische Wende
betr.: „Kämpfen bis zur großen Koalition“, taz vom 24. 5. 05
Der Kommentar von Stefan Reinecke ist leider schlüssig, was das voraussichtliche Wahlergebnis angeht. Allerdings täuscht er sich, wenn er meint, dass die geistig-moralische Wende ab 1983 nicht stattgefunden hätte.
Wie sonst ist es zu erklären, dass in Nordrhein-Westfalen fast 90 % der WählerInnen Parteien mit mehr oder weniger neoliberaler Programmatik gewählt haben? Dass die sozialdemokratisch orientierten Parteien WASG und PDS zusammen gerade mal 3,1 % der Stimmen erhalten haben? Dass die Agenda 2010 von zwei Drittel der Bevölkerung ganz richtig als Politik auf dem Rücken der abhängig Beschäftigten erkannt wird, aber offenbar alle irgendwie einsehen, dass Profite wichtiger sind als Sozialpolitik? Dass offenbar die große Mehrheit der Bevölkerung die Vorgabe, Europa müsse 2010 die konkurrenzfähigste Region dieser Erde sein, ohne Probleme akzeptiert? Dass inzwischen im Zweifel auch ein Krieg für „unser Öl“ Akzeptanz fände?
Mir ist das geistig-moralische Wende genug und es wird Zeit, dass wir mal wieder anfangen, selbst zu denken.
BERNHARD STIETZ-LEIPNITZ