: Knastleiter nur ein bisschen selbstständig
Das Konzept für den Jugendvollzug liegt vor. Der Förderkreis des Jugendvollzugs bemängelt, dass ein autonomer Leiter für den Jugendknast in der JVA Oslbeshausen nicht vorgesehen ist und pädagogisch-therapeutische Ansätze viel zu kurz kommen: „Verwaltung statt Konfrontation mit den Straftaten“
Bremen taz ■ Das Konzept zum Jugendvollzug liegt vor. Kritik folgt auf dem Fuße. Vor allem, dass für die Einrichtung, die nun im Zuge von Sparzwängen doch nicht nach Hameln verlegt wird (taz berichtete), kein eigener Anstaltsleiter vorgesehen ist, finden die Fachleute vom Förderkreis des Jugendvollzugs in Bremen abwegig.
Ein senatorisches Konzept war nach der Schließung des Jugendknasts im Blockland vor einem Jahr und der dann folgenden Hameln-Absage notwendig geworden, um die Unterbringung jugendlicher Straftäter im Haus 4 der JVA Oslebshausen neu zu organisieren.
Bisher leitet der stellvertretende JVA-Leiter das Haus. Im neuen Konzept soll es zwar keinen vom Erwachsenenknast gänzlich unabhängigen Jugendknast-Leiter geben, statt desen aber einen so genannten Vollzugsleiter, der für alle Dinge vor Ort zuständig wäre.
Daneben gibt es einen „dienstrechtlich Verantwortlichen“: den Leiter des Erwachsenenvollzugs, Manfred Otto. Damit sei einerseits eine größere Selbstständigkeit für den Jugendvollzugsbereich gegeben, andererseits bleibe ein Miteinander der zwei Einrichtungen machbar.
Auch der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, Wolfgang Grotheer, verteidigt dieses Konzept: „Es macht keinen Sinn, eine eigene Anstalt zu schaffen.“ Eine Trennung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen sei „nicht angemessen“, zumal ein Vollzugsleiter „unabhängig“ über den Urlaub oder Ausgang für die Gefangenen entscheiden könne.
Das leuchtet den Kritikern des Förderkreises überhaupt nicht ein. „Der Vollzugsleiter ist eben nicht autonom, sondern ist gegenüber dem Anstaltsleiter gebunden“, heißt es in einer Erklärung des Förderkreises, der auf Neumünster und Wittlich verweist, deren Jugendvollzug zwar auf demselben Gelände wie der Erwachsenenknast untergebracht sei, beide aber „insbesondere Wert auf eine Trennung im Leitungsbereich“ legen. Dass ein selbstständiger Chef mit den durchschnittlich 60 Häftlingen unterfordert sei, lässt Förderkreis-Vorsitzender Axel Janzen nicht gelten: Der Leiter müsse auch anderweitig im Vollzug arbeiten, wichtig aber sei seine Unabhängigkeit.
Das Durchschnittsalter der Gefangenen liegt bei 20 Jahren, die erste Verurteilung erfolgte im Schnitt mit 17 Jahren. 50 Prozent der Insassen sitzen wegen Eigentumsdelikten, 40 Prozent wegen Gewaltdelikten, acht Prozent wegen Drogendelikten und zwei Prozent wegen Sexualstraftaten. Durchschnittlich sitzen sie 13 Monate im Jugendknast. Als „dramatisch“ beurteilt die Behörde den „Grad der Bildungs- und Kulturferne der Jugendstrafgefangenen“: 60 Prozent „wurden nicht im ‚klassischen‘ Sinn deutsch sozialisiert“, heißt es in der Vorlage, knapp 50 Prozent gingen zur Sonderschule, 80 Prozent haben keinen Schulabschluss.
Der Knastaufenthalt solle genutzt werden, „um die Gefangenen zu bilden und sie ihren schulischen und beruflichen Qualifikationen zu fördern.“
Zwar enthält das Konzept aus dem Hause des Justizsenators eine lange Liste mit pädagogischen Ansätzen. Dem Förderkreis aber ist das viel zu wenig. Teile der Angebote seien „noch nie einer Qualitätskontrolle unterworfen“ worden, andere, neue und sinnvolle Angebote kämen gar nicht erst vor.
Es sei „fatal, dass Behandlung in zunehmendem Maße auf pädagogische und psychologische Intervention verzichtet und Disziplinarmaßnahmen (...) Verwendung finden“, so der Förderkreis – Fazit: „Insgesamt verweisen die inhaltlichen Bestrebungen auf einen Vorrang der Verwaltung der Straftäter, anstatt die unmittelbare Konfrontation mit ihren Straftaten zu suchen.“
susanne giefers und Jonas Zahl