: Fall der Flugzeug-Giganten bei den Richtern
Im Streit um Beihilfen für Airbus und Boeing zitieren sich die USA und die EU gegenseitig vors WTO-Schiedsgericht
BRÜSSEL taz ■ Was waren das noch für unbeschwerte Zeiten, als Ende April der Airbus A 350 in Toulouse zu seinem ersten Testflug über die Wolken abhob: „Der schönste Vogel der Welt“, titelten die Zeitungen. Der Inbegriff der europäischen Zusammenarbeit erhob sich in die Lüfte. Von dieser Euphorie ist einen Monat später kaum noch etwas zu spüren: die Europäische Union liegt nach der Ablehnung der EU-Verfassung durch die Franzosen am Boden und nun wollen die Amerikaner auch noch dem EU-Wunderkind Airbus an die Karre fahren. Die US-Regierung reichte gestern eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf ein – gegen die staatlichen Subventionen für die europäischen Flugzeugbauer.
Der Hauptstreitpunkt: die von Airbus beantragte Anschubfinanzierung für den A 350, der in direkter Konkurrenz zum amerikanischen Boeing-Produkt 787 Dreamliner steht. Diese Subventionen seien stark wettbewerbsverzerrend, machte der US-Handelsbeauftragte Rob Portman klar und beantragte eine Anhörung bei der WTO.
Damit eröffnen die Amerikaner einen neuen Handelskrieg mit der EU. Der EU-Handelskommissar Peter Mandelson kündigte gestern an, dass nun auch die EU bei der WTO aktiv werde. Für die Brüsseler Behörde steht fest: Auch die millionenschweren Rüstungsaufträge, die die amerikanische Regierung regelmäßig an Boeing vergibt, sind unerlaubte Subventionen und verstoßen gegen WTO-Regeln. „Ich bedauere zutiefst, dass die Amerikaner auf Konfrontation gehen, aber ich werde die europäischen Interessen mit aller Kraft verteidigen“, sagte Mandelson. Er rechnet mit dem „längsten, kompliziertesten und teuersten Verfahren“ in der Geschichte der WTO.
Die von den Amerikanern beklagten Subventionen sollen rund 1,7 Milliarden Dollar betragen. Airbus hat diese Anschubfinanzierung Mitte Mai beantragt. Mit Großbritannien, Spanien, Frankreich und Deutschland soll es bereits Gespräche gegeben haben. Erst im Januar hatten sich die USA und die EU-Kommission auf einen gegenseitigen Klageverzicht und Verhandlungen außerhalb der WTO geeinigt. Mandelson hatte daraufhin vorgeschlagen, die staatlichen Finanzierungen für die beiden Flugzeughersteller wechselseitig und schrittweise zurückzufahren. Doch die USA verlangen eine vollständige Einstellung der Subventionen an Airbus.
Der WTO-Schlichtungsausschuss wird nun am 13. Juni über den transatlantischen Streit beraten. RUTH REICHSTEIN