Gysi mit Sprengkraft : KOMMENTAR VON ROBIN ALEXANDER
Gregor Gysi tritt wieder an. Seine Kandidatur verkündete er im Gestus eines Mannes, der sich äußerem Druck beugt, ja sogar ein persönliches Opfer für die Sache bringt. Da ist was dran. Aber ab heute ist er es, der Druck ausübt: Denn mit seiner Kandidatur treibt er seine PDS und die westdeutsche Wahlalternative geradezu in eine Linkspartei. Nach Lafontaine, der die Verhandlungen angestoßen hat, dringt Gysi jetzt auf ihren Abschluss: Einigt euch oder geht unter!
Wenig ist das nicht, was er verlangt: Die PDS soll ihren Namen und ihre Identität westdeutsch erweitern. Das ist sehr riskant für eine Partei, deren ostdeutsche Identität ihr wichtigstes Merkmal ist. Immerhin gewährt Gysi noch die Chance, allein weiterzumachen – indem er für das dritte Direktmandat sorgen will. Die Wahlalternative hat diese Rückzugsmöglichkeit nicht. Schlägt sie Gysis Angebot aus, stirbt sie an dem Makel, eine historische Chance vermasselt zu haben. Und Lafontaine? Er muss im Falle einer Einigung zwischen PDS und WASG antreten. Sonst stünde er endgültig als der ultimative Schaumschläger da.
Bleibt noch die Frage: Wozu das Ganze? Was wollen diese Leute eigentlich, die sich unter so großen Schmerzen und unter so großem Getöse zusammenfinden? Die Alternative zum neoliberalen Zeitgeist, die Gysi andeutet, ist bisher ein leeres Wort.
Die Linkspartei würde nicht von der Hoffnung auf eine andere, gerechtere Zukunft zusammengehalten, sondern von Enttäuschungen der Vergangenheit. Gysis Lebensanliegen war, die PDS ins vereinte Deutschland zu führen. Das ist ihm trotz beachtlicher Erfolge nicht gelungen. Lafontaine hingegen träumt von seiner persönlichen Revanche an Kanzler Schröder. In der WASG bauen sich Gewerkschafter eine SPD ohne Agenda 2010. Das alles kommt nicht auf einen gemeinsamen Nenner, sondern nur auf einen gemeinsamen Gegner: Rot-Grün.
Dieser Gegner aber ist bereits geschlagen. Und mit Rot-Grün lösen sich perspektivisch auch die Gemeinsamkeiten der neuen Linkspartei auf. Selbst wenn es Gysi tatsächlich gelingt, Wessis, Ossis und Oskars zusammenzuzwingen: Lange wird er diesen Laden kaum zusammenhalten können.