: Menschlicher Abfall als Humankapital
Blut, Gewebe oder DNA: Das neue Hamburger Krankenhausgesetz will „Bio-Banken“ legalisieren. Datenschützer geben dafür jetzt grünes Licht. Mediziner und Kliniken sind erleichtert über künftige Rechtssicherheit in bisheriger Grauzone
Von Elke Spanner
Auch der „Abfall“ ist Kapital. Blut, Gewebe und DNA-Proben, die bei Operationen oder auch nichtoperativen Behandlungen anfallen, können nicht nur der Therapie eines konkreten Patienten dienen, sondern auch der medizinischen Forschung. Behandlungsproben für wissenschaftliche Untersuchungen zu nutzen, ist gesetzlich auch erlaubt – der Rahmen dafür ist aber eng gesteckt. Mehr Spielraum eröffnet den Ärzten die Neufassung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes, das derzeit in Beratung ist: Das legalisiert die Einrichtung so genannter „Bio-Banken“ im Krankenhaus.
Schon jetzt betreiben zumindest die großen Klinikträger eigene medizinische Forschung. Beim Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) liegt das wegen der wissenschaftlichen Ausrichtung auf der Hand. Auch der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) hat eine eigene Forschungsabteilung, genannt „proresearch“. Die Wissenschaftler sind auf Proben angewiesen, welche Patienten zur Verfügung stellen.
Dabei dürfen Behandlungs-Proben, deren Entnahme und Analyse vom Behandlungsvertrag umfasst ist, nur für konkret definierte und zeitlich begrenzte Forschungsprojekte genutzt werden. Eine Sammlung „auf Vorrat“ ist hingegen bisher nicht erlaubt – und gibt es doch. „In der Vergangenheit hatten wir eine gewisse Grauzone“, erklärt der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Hartmut Stienen.
So hat der Hamburgische Datenschutzbeauftragte im Vorjahr über die Blutprobensammlung des Neugeborenen-Screenings im UKE und über eine Tumorgewebebank berichtet. Auf seine Initiative hin soll jetzt der neue §12a ins Hamburger Krankenhausgesetz aufgenommen werden. Sein Mitarbeiter Joachim Menzel hat mehrere Biobanken, wie die Serumbank der Urologie am UKE, besucht und dabei „erhebliche datenschutzrechtliche Mängel“ festgestellt. So waren teilweise mit der Gewebeprobe auch die Krankendaten archiviert und konnten einzelnen PatientInnen zugeordnet werden.
Für die Neuregelung hat der Datenschützer verlangt, dass die Ärzte zunächst eine gesonderte Einwilligung des Patienten für die Sammlung seiner Blut-oder Gewebeprobe zu unbestimmten Zwecken einholen. Eine namentliche Kennzeichnung der Probe und der klinischen Daten, so Menzel, komme nicht in Betracht. Die Krankendaten müssten pseudonymisiert gespeichert werden – und die Schlüsselliste für den Code im Behandlungsbereich der Klinik verbleiben, nicht bei den Forschern.
Die Kliniken selbst begrüßen, dass die bisherige Grauzone nun geklärt werden soll. „Man erwartet von den Krankenhäusern, dass sie medizinische Fortschritte erzielen“, sagt der Sprecher der hamburgischen Krankenhausgesellschaft, Fabian Peterson: „Die neuen Regelungen bieten den forschenden Ärzten Sicherheit.“ Schon jetzt aber seien die Mediziner für die datenschutzrechtliche Brisanz von Bio-Banken sensibilisiert, ohne Einwilligung der Patienten würden keine Proben archiviert.
Das bestätigt auch die Sprecherin des LBK, Kathrin Herbst. Bei jeder Probenentnahme, die auch oder ausschließlich für eine wissenschaftliche Studie entnommen wird, werde zuvor die schriftliche Einwilligung des Patienten eingeholt. Zudem würden diese Proben der Ethikkommission der Ärztekammer vorgelegt.