: „Wo PDS draufsteht, ist noch SED drin“
Der Gegensatz der Parteikulturen spricht gegen ein Bündnis mit der PDS, sagt der WASG-Rebell Detlef Bolz
taz: Herr Bolz, warum passen WASG und PDS Ihrer Meinung nach nicht zusammen?
Detlef Bolz: Die PDS ist nach wie vor eine Kaderpartei, insbesondere im Westen. Die WASG ist dagegen basisdemokratisch organisiert, sie hat keine Parteisoldaten. Ich glaube: 80 Prozent der Wähler im Osten und 97 Prozent der Wähler im Westen sagen: Wo PDS draufsteht ist auch 16 Jahre nach dem Mauerfall noch SED drin. Das kann ich meinen Wählern und auch meiner Familie nicht verkaufen. Solange der Wähler das Bündnis als PDS-Tarnliste ansieht, kann ich das nicht mittragen.
Sie beschwören längst vergangene Ost-West-Gegensätze herauf.
Nein. Es gibt keinen Ost-West-Gegensatz, sondern einen Gegensatz der Parteikulturen. Viele Parteifreunde im Osten sehen das auch so. Es gibt ein bundesweites Netzwerk gegen die geplante Form der Zusammenarbeit. Die gefühlte Meinung ist, dass die Mehrheit der Basis das Konzept der offenen Liste nicht mitträgt. Und noch vor einer Woche hat auch der Bundesvorstand dieses Modell schriftlich abgelehnt.
Wie sollte der Bundesvorstand auf die Kritik reagieren?
Es muss jetzt sehr schnell eine Urabstimmung geben – und zwar vor dem Bundesparteitag. Sonst wird versucht, auf dem Parteitag bereits Nägel mit Köpfen zu machen. Die Urabstimmung muss Diskussionsbasis für den Parteitag sein, wenn sie Sinn machen soll.
Sie sind dabei, die allseits verkündete historische Chance der Linken zu vergeben.
Die Frage ist, ob die historische Chance überhaupt besteht. Die PDS als marginalen Splitter über die Fünfprozenthürde zu hieven, war nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Wir haben ein gutes eigenes Parteiprogramm, das wir nicht einfach in den Gulli werfen wollen. Es geht darum, die Eigenständigkeit der WASG kurz-, mittel- und langfristig zu erhalten.
Aber das wäre eine Eigenständigkeit als unwichtige Splitterpartei …
Nein. Wir würden überhaupt nicht zurückgeworfen, wenn das Bündnis platzt. Wir müssten dann eben den langen, dornigen Weg des Parteiaufbaus gehen, den wir uns vorgenommen haben. Auch wenn das bedeutet, dass wir uns überlegen, ob wir jetzt schon die Kraft haben, zur Bundestagswahl anzutreten.
INTERVIEW: KLAUS JANSEN