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Archiv-Artikel

Rot-Grün entdeckt das Geld der Reichen

Die SPD will große Erbschaften und Spitzenverdienste höher besteuern. Grüne stimmen zu, Clement aber lehnt ab

BERLIN taz ■ Die Steuern für Reiche sollen erhöht werden. Mit diesem Ziel geht Rot-Grün nicht nur in den Wahlkampf, sondern auch in das heutige Gespräch mit Union und FDP über die Unternehmenssteuer.

Beim Jobgipfel im März haben Regierung und Opposition vereinbart, die Gewinn- und Erbschaftssteuern für Unternehmen zu reduzieren. Rot-Grün verkündet seitdem, die Einnahmeausfälle an anderer Stelle wieder hereinzuholen – ein schwieriges Unterfangen. Die neueste Idee: Eine höhere Steuer auf große Erbschaften.

Darauf haben sich SPD und Grüne geeinigt. Die Erhöhung soll gelten für Erbschaften, die über 5,1 Millionen Euro betragen. Söhne und Töchter Verstorbener müssten zum Beispiel 25 Prozent Erbschaftssteuer zahlen statt heute 23 Prozent. Im Einklang mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes soll außerdem die Erbschaftssteuer auf Immobilien an den realen Verkehrswerten, und nicht mehr an den niedrigeren Einheitswerten bemessen werden. Im Angebot ist auch eine höhere Besteuerung von Dividenden, die Tochterfirmen an ihre Konzernmütter ausschütten. Die Union freilich sieht keine Veranlassung, der wankenden Bundesregierung noch einen Erfolg einzuräumen. „Show-Veranstaltung“ und „Lachnummer“ lauten die Kommentare aus der Unionsfraktion. Bei den meisten Punkten gibt es Gegenargumente – bei der Erbschaftssteuer auf Immobilien zum Beispiel, dass man doch erst das nächste Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Herbst abwarten möge.

Währenddessen diskutiert die SPD, ob sie mit der Aussicht auf eine weitere Steuererhöhung für Reiche in den Wahlkampf ziehen soll. Johannes Kahrs vom bürgerlichen Seeheimer Kreis der SPD sagte der taz, ein um drei bis fünf Prozent höherer Spitzensteuersatz für hohe Einkommen werde diskutiert. Dieser könne erhoben werden auf Einkommen aus unselbstständiger Arbeit ab 250.000 Euro jährlich für Singles und 500.000 für Verheiratete. Auch die Seeheimer würden dieses Ziel für richtig halten, sagte Kahrs, da die starke Senkung des Spitzensteuersatzes seit 1998 zum Teil durch den Druck der Union und FDP zustande gekommen sei. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hingegen lehnt eine höhere Steuer für Reiche ab. Er rate „dringend zur Zurückhaltung“, sagte er gestern.

Im Rahmen der großen Steuerreform hat Rot-Grün den Spitzensteuersatz von über 50 auf nun 42 Prozent gesenkt. Der Union reicht das noch nicht: Laut gegenwärtiger Beschlusslage stellt sie eine weitere Senkung bis auf 39 Prozent in Aussicht.

Die Grünen haben in ihrem Programm bereits niedergelegt, dass die Spitzensteuer im Prinzip steigen soll. Unklar ist, wie. „Das Instrument haben wir offen gelassen“, sagte Finanzexpertin Christine Scheel. Denkbar sind zwei Varianten: Ein höherer Satz der Einkommenssteuer oder ein höherer Solidaritätszuschlag.

HANNES KOCH

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