Jörg Haider als Jet-Set-Politiker

Nach der Spaltung der FPÖ wird in Österreich jetzt schmutzige Wäsche gewaschen. Wie meist, geht es ums Geld. Und siehe da: Der selbst ernannte Saubermann ist gar keiner

WIEN taz ■ Im Privatjet von Klagenfurt nach Wien und retour. Das war Routine für Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. Die fast gleichzeitige Präsenz auf zwei oder drei Events, wo er zumindest gesehen werden wollte, schaffte der umtriebige Populist dank Helikopter. Für den 2. September 2002 etwa ist für die Strecke Klagenfurt–Obervellach–Graz–Klagenfurt eine Abrechnung über 46.000 Schilling oder 3.343 Euro belegt. Haider lebte auf großem Fuß. Das bestätigt die Buchhaltung der FPÖ, die deren neuer Parteiobmann Heinz-Christian Strache jetzt auf der Suche nach Exzessen seiner Vorgänger durchforsten lässt.

Haider, der seinen politischen Aufstieg seinem Kampf gegen Privilegien und Korruption in den großen Parteien ÖVP und SPÖ verdankt, stellt mit seinem eigenen Spesenkonto alle „Altpolitiker“ weit in den Schatten. Selbst, als er aus Politräson im Februar 2000 den Parteivorsitz an die damalige Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer abgab, ließ er sich von der Partei einen Spesenrahmen von jährlich 363.364 Euro einräumen. Das entsprach fast vier Prozent der Parteienförderung. Die zusätzlichen Kosten für seinen luxuriösen Dienstwagen, die das Land Kärnten nicht übernehmen durfte, sind in den Abrechnungen ebenso enthalten wie ein nicht näher differenzierter Posten „Spenden“ in der Höhe von über 100.000 Euro. Haider, der dank eines ererbten Waldgrundstücks im Kärntner Bärental ein vermögender Mann ist, rechnete sogar die Kosten für Pay-TV im Hotelzimmer ab.

Was heute von der Rest-FPÖ als Skandal enthüllt wird, war jahrelang gängige Praxis. Haider zu den Vorwürfen: „Das ist kein Spesenkonto für mich, sondern kann bestenfalls eine Budgetposition sein, die bei den Wahlkampfkosten ausgewiesen wurde.“ So hatte seinerzeit niemand etwas dabei gefunden, dass Riess-Passer die Parteikasse für ihr Outfit beim Opernballbesuch 2002 mit fast 7.000 Euro belastete. Auch sonst füllte die im September 2002 im Streit von Partei und Regierungsamt geschiedene Frontfrau ihren Kleiderschrank über eine FPÖ-Kreditkarte. Laut dem Politmagazin profil droht ihr dafür eine saftige Steuernachzahlung.

Es ist kein Zufall, dass die Schmutzwäsche gerade jetzt an die Sonne gezerrt wird. Es geht ums Überleben. Die FPÖ blieb nach der Abspaltung von Haiders Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) auf einem Schuldenberg von zwischen 3 und 5 Millionen Euro sitzen. Dem stehen dieses Jahr nur 3,05 Millionen Euro an Parteienförderung gegenüber, von der jeder Cent für die bevorstehenden Wahlkämpfe gebraucht wird. Nach Meinungsforschern wird es höchstens jeweils eine der FPÖ-Nachfolgeparteien schaffen, in den Landtagen zu bleiben. Und mit jedem Mandatar weniger schrumpft auch die künftige Parteienförderung. RALF LEONHARD