: Streit um Demogewalt
ANTI-NAZI-DEMO Bürgerschaft uneins über Bewertung der antifaschistischen Aktionen am vorletzten Wochenende. Nächste Woche tagt der Innenausschuss
MICHAEL NEUMANN, SPD
Die Debatte über Demo-Gewalt und Polizeiübergriffe bei der antifaschistischen Kundgebungen am vorvergangenen Wochenende hat am Mittwoch in der Hamburger Bürgerschaft am Mittwoch zu schweren Kontroversen und verbalen Entgleisungen geführt. „Gewalttätige Chaoten, die in Wandsbek für bürgerkriegsähnliche Zustände gesorgt haben, sind kein Jota besser als der braune Mob – beide gefährden die Demokratie gleichermaßen“, übte sich der CDU-Innenexperte Voet van Vormizeele in fragwürdigen Gleichsetzungen.
Diese „unzulässige Relativierung“, so die GAL-Abgeordnete Antje Möller, wurde nur noch durch die Ausführungen des CDU-Hardliners Karl-Heinz Warnholz getoppt. Er nutzte seine Analyse, dass „hunderte von verwirrten Geistern mit Steinen und Flaschen auf die Polizei geworfen haben“ zu der Forderung „die Debatte über die Ausrüstung der Polizei mit Gummigeschossen nun endlich offen zu führen“.
Auch der SPD-Abgeordnete Arno Münster nahm in einem an die Medien verteilten, dann aber nicht mehr gehaltenen Redebeitrag die „zahlreichen gewaltbereiten Autonomen“ aufs Korn. Ihr „kriminelles Vorgehen“ habe „nichts, aber auch gar nichts mit einer Demonstration gegen die Nazis zu tun“. Über die vielfach bezeugten Übergriffe der Polizei findet sich in Münsters Beitrag hingegen kein einziges Wort. Deren „entschlossenes Handeln gegen die Störer“, lobte der FDP-Abgeordnete Carl-Edgar Jarchow. Vormizeele ergänzte: „Die Polizei hat unseren Rechtsstaat gesichert“.
Differenziertere Töne für die Sozialdemokraten brachten dann andere Redner ins Plenum. Die SPD-Abgeordnete Barbara Nitruch warnte davor, die Rathaus-Demonstranten und die Wandsbeker Blockierer gegeneinander zu halten: „Beides war wichtig – es gibt keine guten und keine schlechten Demonstranten“. Innensenator Michael Neumann (SPD) betonte, er hätte die Nazi-Demo zwar gerne verbieten lassen, doch ein solches Verbot sei an hohe Hürden geknüpft: „Das Recht sich zu versammeln, steht auch den Rechtsextremisten zu.“ Die Polizei habe deshalb „nicht den Rechtsextremisten sondern den Grundrechten den Weg gebahnt.“
Das sah Christine Schneider von der Linkspartei grundlegend anders: „Die Polizei hat den Nazis den Weg frei geräumt und die Versammlungen der Nazigegner mit unverhältnismäßiger Gewalt aufgelöst“. Es sei „völlig unverständlich“, dass die Nazis, nachdem ihre Route blockiert war, „nicht auf kürzestem Weg zum Bahnhof gebracht worden seien, sondern eine andere Route mitten durch ein kleines Wohngebiet mit engen Straßen“ durchgesetzt wurde. Innensenator Neumann versprach, mögliche Übergriffe einzelner Polizisten untersuchen zu lassen.
Diese Analyse soll bereits in der kommenden Woche im Innenausschuss beginnen. MARCO CARINI