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KOMMENTAR: MARCO CARINI ÜBER ROT-ROTE FARBSPIELEEine Wahrheit zur wahrhaft falschen Zeit

Die Zeit der rot-roten Machtstrategen wird kommen – in der kommenden Legislatur

Für jede Wahrheit gibt es falsche und richtige Zeitpunkte – eine Erkenntnis, die so alt ist wie die lange unterdrückte Erkenntnis, dass nicht alle Planeten um die Erde kreisen. Und so gibt Wolfgang Jüttner mit seinem Appell, rot-rote Bündnisse nicht mehr auszuschließen, zwar ein richtiges Signal für die Zukunft, nur tut er es zur Unzeit. Wer knapp zwei Wochen entgegen der Festlegung der SPD die Tür für eine rot-rot-grüne Zukunft einen Spalt breit öffnet, demontiert die Wahlkampfstrategie der eigenen Partei und schadet ihren Spitzenkandidaten – in diesem Fall Garrelt Duin. Mit einem vergleichbaren Türöffner hatte schon Kurt Beck Hamburgs SPD kurz vor der Bürgerschaftswahl 2008 massiv ins Schlingern und wohl auch um einige Wahlprozente gebracht.

Klar ist: Diese Bundestagswahl ist die letzte, in der die SPD auf die rot-rote Option verzichtet – sie kann sich diese Absage schlicht nicht länger leisten. Ohne die Option Angela Merkel abzulösen, mit einem Lagerwahlkampf gegen Schwarz-Gelb, aber ohne rot-rot-grüne Machtalternative, schwächelt der SPD-Wahlkampf, wirkt zahnlos wie Steinmeier im Wahlkampf-Duett mit Merkel. Die Zeit der rot-roten Machtstrategen wird kommen – in der kommenden Legislatur. Mit seinem verfrühten Aufschlag aber leistet Jüttner sowohl den Befürwortern von rot-roter Kooperation wie seiner eigenen Partei einen Bärendienst.

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