: „Keine bedauernswerten Wesen“
Roger Peltzer von der AG Nord-Süd der Grünen versteht die Aufregung der Rübenbauern nicht. Sie gehörten zu den Privilegiertesten und könnten von der Reform profitieren
taz: Die nordrhein-westfälischen Rübenbauern gehen auf die Barrikaden: 5.000 von ihnen sollen nach der EU-Reform vor der Pleite stehen.
Peltzer: Das ist maßlos übertrieben. Nur ein Bruchteil wird finanzielle Einbußen erleiden. Rübenbauern sind bisher privilegiert und sie werden jetzt substantielle Ausgleichszahlungen bekommen. Sie profitieren sogar vom EU-Vorschlag: Die Produktion wird an marginalen Standorten wie Finnland eingestellt.
Die Rübenbauern protestieren aber doch gemeinsam mit Entwicklungsländern.
Nein, das sind nur einige wenige Länder, die von der EU-Zuckermarktordnung ähnlich profitieren wie die deutschen Rübenbauern, zum Beispiel Mauritius. Die Masse der Entwicklungsländer fordert wird von der EU-Reform massiv profitieren.
Warum?
Die EU schmeißt zurzeit ihre Überschüsse zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt und drückt damit überall die Preise. Damit macht sie für wettbewerbsfähige Länder wie Brasilien oder Thailand die Preise kaputt. Sinkt die EU-Zuckerproduktion, steigen die Preise. Weltweit werden viele Betriebe und Bauern mehr einnehmen.
Und die großen Monopolisten in Brasilien.
Das ist ein Standardargument von Leuten, die den Status Quo erhalten wollen. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Gerade in der Region um Sao Paolo gibt es nicht fünf, sondern etwa 200 moderne Betrieben mit überdurchschnittlichem Lohn. Nach deutschem Maßstab sind das alles mittelständische Unternehmen.
Kritiker sagen, die Plantagen von Zuckerrüben würden in Brasilien die Tropenwälder zerstören.
Nein, die Felder sind mehr als 3.000 Kilometer vom Regenwald entfernt. Da werden viele Mythen in die Welt gesetzt.
Sie werden aber gerade von Leuten bemüht, die sich für arme Länder stark machen.
Menschen, die es eigentlich gut meinen, wollen manchmal nicht wahrhaben, dass sich viele so genannte Dritte-Welt-Länder geändert haben: Die Menschen dort sind keine bedauernswerten Wesen, die wir mit Almosen unterstützen müssen. Es sind vielmehr gut ausgebildete und effiziente Wettbewerber.
Was raten Sie den deutschen Bauern?
Sie kommen bei dieser Reform gut weg. Mit einem Aufstand schneiden sie sich nur ins eigene Fleisch. Die Zuckerrübenfrage ist ungemein wichtig, sie ist eine Schlüsselfrage. Wenn die Europäer dort fair handeln, muss die USA auch auf die schädlichen Baumwollsubventionen verzichten. Das wäre der Durchbruch.
INTERVIEW: ANNIKA JOERES