kabinenpredigt : Einwechslung
Die Hertha hat zwei Bälle. Das heißt: Natürlich haben die Berliner Bundesligakicker prinzipiell mehr als nur zwei Freunde aus Leder, aber eben nicht bei Max Merkel – und im Sturm. Dazu muss man wissen, dass M. M. dereinst als Trainer das bis heute unerreichte Kunststück fertig gebracht hat, einen deutschen Meister direkt in Liga zwei zu führen – 1968 mit dem Club aus Nürnberg war das. Heute verdient sich Merkel sein Gnadenbrot als Bild-Fußballfachmann – und verteilt vor jeder Saison Bälle, quasi als Noten, an die Erstligisten.
Und da, im Merkel-Zeugnis, hat der Trainergreis der Hertha für die Abteilung Attacke nur ganze zwei eingetragen, wobei eine Zwei bei Merkel keine wirkliche Zwei ist, sondern in Wahrheit eine Fünf, was heißt: schwach! Man könnte also sagen, dass M. M. den Hertha-Sturm doch eher für eine Flaute hält und ihm, den eigenen Neigungen entsprechend, durchaus auch zwei Flaschen hätte zusprechen können. Aber das wird jetzt ein bisschen zu persönlich – und gewusst hat man ohnehin schon längst, was die Süddeutsche gerade in blumige Worte gegossen hat: dass die Berliner dort einen Phantomschmerz verspüren, wo andere Mannschaften einen Sturm ihr Eigen nennen – mit richtigen Stürmern, die echte Tore schießen.
Andererseits: Braucht Hertha das wirklich? Oder geht es nicht erneut auch so (und mit Marcelinho natürlich)? Letzte Saison hat es immerhin zu Platz vier und für den Uefa-Cup gereicht – und das mit Bobic. Nun, also ohne Bobic, sollte so oder so mindestens Rang drei drin sein – und schwupp, ist man auch schon da, wo der deutsche Fußball unlängst bei diesem komischen Konföderationenpokal gelandet ist, also mittendrin in der Weltspitze, wie die gesamte Expertenschaft nicht müde wurde, wider ihr besseres Wissen und Gewissen zu versichern. Vollbracht, so war jedenfalls allseits zu lesen, hätten die Klinsmänner das übrigens ganz ohne Abwehr. Schade, dass ihnen Max Merkel kein Zeugnis ausgestellt hat. FRANK KETTERER