KIRCHENAUSTRITTE : Was macht Luther?
„Es geht ums Prinzip. Ich zahl den Mongos doch nix!“ Es geht um die Kirche. In der S-Bahn. Drei Wilmersdorf-Boys diskutieren. Beziehungsweise: Zwei geben Stichwörter, einer proklamiert. „Eine Organisation, die sich nur von Steuergeldern finanziert, gehört abgeschafft!“ Und: „Die schreiben mir ständig Briefe. Das ist auch voll dreist.“
Er sei eh schon ausgetreten, automatisch, mit seinem Vater, meint einer der beiden anderen. Die Konfirmation mache man doch eh nur wegen des Geldes, sagt der Dritte. „Aber wenn du konfirmiert bist, bist du katholisch?“, fragt der Zweite. „Nein, Mann! Bist du dumm? Evangelisch. Katholiken werden kommuniert.“ „Aber Katholiken ist der Papst, oder? Wen haben die anderen denn dann? Luther?“ Das weiß jetzt keiner so genau. Und was ist eigentlich los mit Luther? Vielleicht lebt der ja noch. Auf dem Mond, genau wie Hitler. Obwohl, Luther, nein, der lebt doch eher in der Hohlwelt. Da wird man ja auch 500 Jahre alt. Passt also.
Doch zurück zum Austritt. Ein Problem dabei sei nämlich, dass die Kirchensteuer auch auf der Lohnsteuerkarte oder so vermerkt ist. Der Arbeitgeber sieht das also und in Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg muss man in der Kirche sein. Sonst kriegt man keinen Job. Wirklich? Wirklich! Einem ehemaligen WG-Mitbewohner sei das passiert. „Die rasten da völlig aus.“ Na ja. „Bayern. Weißt du doch, dass die da anders ticken.“
Um wie viel Geld geht es eigentlich? So hoch sei die Kirchensteuer doch gar nicht. Diverse umständliche Erklärungen zu progressiven Steuersätzen und Freibeträgen später steht das Fazit: Kein anderes Land auf der Welt erhebt seine Kichensteuer einkommensbasiert. „Glaub ich nicht“, sagt der Zweite. „Komm, wir wetten um einen Kasten Bier.“ „Um Warsteiner. Das ist gerade bei Netto im Angebot.“
MICHAEL BRAKE