: „Die effizienteste Form“
Thomas Leif über Korruption, Schleichwerbung und das Verhindern von Diskussionen
taz: Kriminelle Korruption ist ein Fall für die Staatsanwälte. Aber wie steht es um den angelagerten grauen Bereich – etwa die Beeinflussung von Politik und Medien?
Thomas Leif: Korruptionsforscher sprechen von „weicher Korruption“. Wenn zum Beispiel Produkte über die Medien angepriesen werden, samt Desinformationen, um so Wettbewerbsvorteile durch diese öffentliche Kommunikation zu erhalten.
Aber Public Relations oder Lobbyarbeit ist doch legal?
Formal ja. Es gibt im Pressekodex Formulierungen, die Schleichwerbung verbieten. Die Realität sieht aber so aus, dass der gesamte mediale Bereich von Schleichwerbung infiziert ist und damit auch die Integrität des Journalismus angreift. Verpackung von werblichen Informationen ist Alltag, ohne dass der Konsument das merkt. Und als effizienteste Form der Image- und Produktwerbung gilt, mit PR-Botschaften in den seriösen Journalismus einzudringen. Also investieren die Firmen sehr viel Geld dafür.
Gibt es da Zahlen?
Man kann nur Tendenzen feststellen – wie etwa eine Intensivierung und Professionalisierung der PR-Aktivitäten bei Firmen. Da wird etwa ein neuer Jeep vorgestellt, der Hersteller lädt 100 Journalisten nach Spanien ein. Und hinterher kontrolliert die PR-Abteilung die einzelnen Texte – schreibt sogar hier und da etwas Kritisches hinein, damit es nicht zu werblich wirkt.
Was ist mit Themen, die die Wirtschaft nicht in der Öffentlichkeit diskutiert haben will?
Überall da, wo Sie es mit mächtigen Industrien samt großer Lobby-Entourage zu tun haben – etwa im Medizinkomplex –, können Sie in internen Papieren nachlesen, dass das Herabsetzen bestimmter Themen von der öffentlichen Agenda Priorität Nummer eins hat. Informationen werden sehr zögerlich herausgegeben, juristische Schritte bei kritischer Berichterstattung schon im Vorfeld angedroht.
Und bei der Politik?
Im ersten Schritt läuft die klassische heimliche Beeinflussung der Ministerialbürokratie und der Fachpolitiker in Parteien. Wenn das nicht funktioniert, folgt massives „Negative Campaigning“, wie beim Dosenpfand. Da wurden Umweltminister Trittin und andere öffentlich attackiert. Hilft auch das nicht, folgt am Schluss auch persönliche Verunglimpfung der Akteure.
Was könnte getan werden?
Die Urheber, die für PR-Agenturen arbeiten, müssen analog zu dem Vermerk „Anzeigen“ angeben, für wen sie tätig sind. Die lauwarmen Richtlinien im Pressekodex müssen verschärft werden. Und wir brauchen eine unabhängige Watchdog-Organisation, die genau hinschaut, wie die Öffentlichkeit manipuliert wird.
INTERVIEW: REINER METZGER