: Zahl-Zwang ist erlaubt
SCHÜLERBEFÖRDERUNG Das Land darf Kreise verpflichten, das Schulbus-Geld an die Eltern weiterzugeben
WALTRAUD WENDE, BILDUNGSMINISTERIN
Das Land darf den Kreisen in Schleswig-Holstein vorschreiben, Geld für den Schulbus von den Eltern oder erwachsenen Schülern zu kassieren. Das entschied gestern das Verfassungsgericht in Schleswig. Es wies damit eine Beschwerde des Kreises Dithmarschen gegen den Zwang zum Fahrgeld-Einzug zurück. Der Kreis sah sich in seiner Selbstverwaltung eingeschränkt. Die Verfassungsrichter verwiesen auf den Grundsatz sparsamer Haushaltsführung.
Demnach stehe es finanzschwachen Kreisen „nicht zu, auf die Erhebung von Abgaben zu verzichten und sich auf diese Weise bedürftig zu machen“. So sei es egal, ob eine Kann oder eine Muss-Regel im Gesetz steht. Der Beteiligungs-Zwang war 2011 eingeführt worden.
Die heutige Landesregierung sieht das anders als die schwarz-gelben Vorgänger. „Die Kreise sollen selbst entscheiden können“, sagte Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos). FDP und Piraten hatten eine entsprechende Änderung beantragt, Wende stimmte zu: Es sei „grotesk“, wenn Kreise gezwungen wären, Familien zur Kasse zu bitten.
Das aber spalte das Land, da es Regionen mit und ohne Beteiligung gebe, kritisierte der CDU-Abgeordnete Tobias Koch. Martin Habersaat (SPD) erklärte, der neue Landtag gebe „die Verantwortung dorthin zurück, wo sie hingehört: in die kommunale Selbstverwaltung“. Für landeseinheitlich beitragsfreie Schulbusse für alle reiche das Geld nicht, so Habersaat.
Jugendliche in der Oberstufe – ab Klasse elf – oder an Berufsschulen erhalten ohnehin keine Zuschüsse. Für Jüngere gelten zurzeit je nach Kreis unterschiedliche Kostensätze. Fast alle Kreise haben aber Härtefall-Regeln für finanzschwache Familien und Geschwisterkinder eingeführt, darauf wies Gerichtspräsident Bernhard Flor hin.
Der Streit um Schülerbeförderungskosten hat im Land eine lange Vorgeschichte: Unter anderem deshalb musste der SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner während der großen Koalition seinen Posten als Minister verlassen. EST