: Freytag ist das Gängeviertel los
GÄNGEVIERTEL Der Senat kündigt an, das städtebauliche Konzept für das Gängeviertel zu überarbeiten. Künstler fürchten Augenwischerei
Der niederländische Investor Hansevast hat die dritte Rate des Kaufpreises bezahlt, gab Kultursenatorin Karin von Welck am Dienstag bekannt. Vergangene Woche überwies die Firma die fällige zweite Rate im letzten Moment.
■ Hanzevast plant einige Häuser zu restaurieren und die übrigen durch Neubauten zu ersetzen.
■ Seit Ende August haben etwa 200 Künstler, unterstützt von Daniel Richter, die historische Arbeitersiedlung besetzt. Sie verbinden die Forderung, die Gebäude zu erhalten, mit der nach günstigen Räumen für Künstler.
Weiter geht’s im Gängeviertel: Nachdem der Investor Hanzevast die fällige Rate für zwei der Gebäude am Montag termingerecht überwiesen hatte, kündigte gestern der Senat an, das städtebauliche Konzept für das Quartier überarbeiten zu wollen.
„Neben den Anliegen der Künstler werden wir dabei auch den Denkmalschutz aufnehmen“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL), die für die Überarbeitung der Pläne federführend sein soll. Zu berücksichtigen seien allerdings auch die geltenden Verträge, sagte Hajduk. Und dass die Gespräche mit dem Investor intensiv weitergeführt würden.
Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) räumte Fehler des Senats in der Vergangenheit ein: „Die Künstler haben uns verstärkt sensibilisiert – sowohl für den Denkmalschutz, als auch dafür, dass geeignete und finanzierbare Flächen für die Künstler in unserer Stadt zur Verfügung stehen müssen“, sagte sie nach der gestrigen Senatssitzung. Sie sollten „an diesem Ort eine Zukunft“ erhalten, sagte die grüne Kulturpolitikerin Eva Gümbel.
Ein Umschwung also? Die Künstler der Gängeviertel-Initiative haben da noch so ihre Bedenken. „Das könnte auch Augenwischerei für die Öffentlichkeit sein“, sagte Sprecherin Christine Ebeling. „Total unglaubwürdig“ habe der Senat in den letzten Wochen gehandelt, eine einfache Willenserklärung reiche nun nicht aus. „Da muss mehr kommen“, sagte Ebeling und bekräftigte noch einmal die Forderungen der Initiative: Es dürfe nur eine städtische Lösung geben, ohne Investor. Finanzsenator Michael Freytag (CDU) solle zurücktreten. Die Gebäude müssten schnellstmöglich winterfest gemacht und die Verträge mit Hanzevast offengelegt werden.
Unterstützung bekommen die Künstler dabei von der SPD-Bürgerschaftsfraktion: Das von ihnen geforderte und von großen Teilen der Politik und Öffentlichkeit unterstützte Konzept eines vollständigen Erhalts mit Schaffung von bezahlbaren Wohn- und Kulturnutzungen sei mit privaten Investoren nicht realisierbar, sagte ihr stadtentwicklungspolitischer Sprecher Andy Grote. Finanzsenator Freytag halte aber immer noch an einer Investorenlösung fest.
Von Welck dementierte gestern Unstimmigkeiten im Senat: Bereits in den vergangenen Wochen habe man mit Stadtentwicklungs- und Finanzbehörde eng zusammengearbeitet. „Nun werden wir im Schulterschluss mit ihnen weiter voranschreiten“, sagte die Senatorin. MAXIMILIAN PROBST
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