: Umwerfende Leichtigkeit
Rudi Völler steht wieder einmal am Spielfeldrand – prompt gewinnen seine Leverkusener lockerund lässig in Duisburg. Doch der Magier will auf keinen Fall mehr sein als eine Zwischenlösung
AUS DUISBURG DANIEL THEWELEIT
Rudi Völler hat seine eigenartig optimistische Ausstrahlung nicht verloren. Er besitzt diese magische Aura, in deren Umgebung sich die Welt so anfühlt, als würden die Dinge am Ende zweifelsfrei ein gutes Ende finden. So einem mag man gerne die Verantwortung geben in schweren Zeiten, und Völler funktioniert in dieser Aufgabe ganz hervorragend. Er zeigte das schon einmal als Übergangstrainer in Leverkusen, und er stellte das noch beeindruckender als Zwischenlösung auf der Bundestrainerbank unter Beweis. Jetzt hat er das Glück auch auf die Trainerbank von Bayer Leverkusen zurückgebracht und mit einer umwerfenden Leichtigkeit ein Lächeln in die Gesichter der Leverkusener Spieler und Funktionäre gezaubert. „So eine Trainerentlassung ist eine schwierige Situation“, erklärte er nach dem 3:1-Sieg der Leverkusener beim MSV Duisburg, „deshalb war dieser Sieg für die Moral der Mannschaft wichtig, aber auch für die Tabelle und für den ganzen Verein.“ Wie von Zauberhand kletterten die Leverkusener von Platz 14 am Sonntagnachmittag auf den siebten Platz. Die Welt sieht nach nur einem Spiel schon wieder viel freundlicher aus bei Bayer.
Völler, der in Leverkusen eigentlich mit den Aufgaben eines Sportmanagers betraut ist, weiß allerdings noch genau, dass das Trainerleben auch finstere Zeiten bereit hält. Klub-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hatte am Sonntagmittag im Fernsehen erklärt, dass er Völler gerne in einem neu geschaffenen Job des „Teammanagers“ sehen würde, einem Berufsbild, das in England recht verbreitet ist und als eine Mischung aus Trainer und Sportdirektor beschrieben werden kann. Völler wäre nicht mit der täglichen Trainingsarbeit befasst, würde aber bei den Spielen die Verantwortung an der Seitenlinie übernehmen. „Ich gebe gerne zu, dass ich versuchen werde, Rudi Völler von diesem, meinem Lieblingsmodell zu überzeugen“, hatte Holzhäuser angekündigt, Völler winkte allerdings in Duisburg kategorisch ab. „Auch ich habe hin und wieder Wünsche, die nicht in Erfüllung gehen“, sagte er freundlich lächelnd.
Jetzt sollen zunächst einmal die turbulenten Tage nach dem 0:1 gegen Sofia im Uefa-Pokal und der Trainerentlassung aufgearbeitet werden. Und am Mittwoch steht in der Bundesliga bereits das Derby gegen den 1. FC Köln an, bevor die Leverkusener am Samstag in Bremen antreten müssen. Da Völler sagte, man müsse dem neuen Trainer auch einen „guten Start ermöglichen“, ist davon auszugehen, dass man Augenthalers Nachfolger erst in den Tagen nach der Partie im Weserstadion präsentieren wird, denn die starken Bremer wären wohl kein allzu günstiger Einstiegsgegner. Anschließend folgen passendere Spiele gegen Bielefeld und in Mainz.
Als aussichtsreichste Kandidaten auf den ersten freien Trainerposten der WM-Saison gelten nun Matthias Sammer und Michael Skibbe, der in der Nationalmannschaft schon einmal eine ähnliche Arbeitsteilung mit Völler praktiziert hat, wie Holzhäuser sich sein Teammanager-Modell vorstellt. Völler, der in dieser Frage wohl das letzte Wort haben wird, erläuterte indessen: „Wenn wir das Gefühl hätten, es wäre nichts auf dem Markt, was interessant sein könnte, dann würde ich den Job vielleicht auch ein bisschen länger machen. Aber wir haben schon einige Trainer im Hinterkopf.“
Der neue Mann soll dann am besten mit Hilfe der Völler’schen Magie runderneuerte Mannschaft übernehmen, was durchaus denkbar ist, wenn das Team so weiter macht. Athirson zum Beispiel, dessen Verpflichtung als Außenverteidiger, der er gar nicht ist, einer der Gründe für Augenthalers Demission war, machte in Duisburg sein bestes Spiel für Leverkusen. Der Brasilianer bereitete die Tore von Juan (37.) und Dimitar Berbatow (41.) vor und erzielte das 3:1 mit einem wunderbaren Weitschuss höchstselbst (89.). Dass Bayer in der ersten halben Stunde gegen einen halbwegs treffsicheren Gegner schon weit mehr als nur das eine Gegentor (Klemen Lavric, 31.) hätte kassieren müssen, interessierte am Ende nur noch Duisburgs Trainer Norbert Meier. „Mir tut die Mannschaft Leid“, sagte er, „wir hatten eine starke halbe Stunde, aber haben unsere Chancen verpasst.“ Danach war Leverkusen zu stark, sie hatten eben ein Glückskind am Spielfeldrand.