: Bezirzende Ideen
Regierungspartei CDU diskutiert morgen im verborgenen Kämmerlein ihre beiden Varianten zur Reform der Hamburger Bezirksverwaltungen. SPD und GAL wähnen Machtmanipulation und fordern Rechte des Parlaments ein
Der ganz große Wurf wird vermutlich ausbleiben, das geplante wegweisende Reformvorhaben des Senats droht zum Reförmchen zu werden. Die Neuordnung der Hamburger Bezirke samt „kundenfreundlicher Verschlankung“ der Verwaltung hatte Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) Anfang Januar avisiert. Recht schlank geraten sind hingegen die Pläne, die er und Bürgermeister Ole von Beust (CDU) morgen vorlegen werden. Die ursprünglich ebenfalls angedachte Umstrukturierung in 14 oder 17 Bezirke ist längst vom Tisch, sieben Bezirke wie bisher oder acht lautet die Gretchenfrage, deren Beantwortung Peiner „ergebnisoffen“ entgegensieht. Er habe „kein definitives Modell“.
In beiden Varianten enthalten ist weiterhin der Wegfall der Ortsämter und Ortsausschüsse. Aus der bislang dreistufigen Hamburger Verwaltung würde eine zweistufige aus Senatsbehörden und Bezirksämtern. Während sich die Fachbehörden künftig vorrangig um ministerielle und fachlich-steuernde Aufgaben kümmern sollten, oblägen den Bezirksämtern vermehrt Durchführungsaufgaben.
Dieser Punkt wird noch den wenigsten Diskussionsstoff liefern in der Patriotischen Gesellschaft beim Großen Ratschlag der Regierungspartei. Beust und Peiner haben zusammen mit CDU-Landesparteichef Dirk Fischer die Bürgerschaftsfraktion geladen, die Vorsitzenden der Bezirksfraktionen sowie die sieben mächtigen Kreischefs und die 54 Vorsitzenden der Ortsvereine. Und deren Beharrungspotenzial ist hoch, wenn es um ihre tatsächliche oder befürchtete Schwächung geht.
Deshalb startet die Achter-Version mit einem neu geschnittenen City-Bezirk nicht als Favorit in das parteiinterne Treffen. Dieser Sonderplanungsbereich Innenstadt, direkt dem Senat unterstellt, würde das Zentrum des Bezirks Mitte enthalten, ergänzt um das östliche Altona und Teile von Eimsbüttel sowie vor allem Wilhelmsburg. Damit soll die Planungshoheit des Rathauses für Hafen, Hafencity und den Sprung über die Elbe nach Süden noch verstärkt werden.
Das Hauptproblem dieses Modells liegt in der Verkleinerung Altonas und vor allem in der Zerschlagung des Bezirks Mitte. Dieser würde Finkenwerder an Harburg abgeben, seine armen Stadtteile im Osten würden mit dem armen Süden Wandsbeks zu einem neuen achten Bezirk verschmolzen. In Finkenwerder ist die Ablehnung bereits groß, und das Murren im Osten ist ebenfalls unüberhörbar.
Nicht zuletzt, weil Kreisfürsten um Macht und Einfluss bangen, allen voran der Ortsverein Rahlstedt. Und der ist mit gut 1.000 Mitgliedern der mit Abstand größte in der Hanse-Union – ein Machtfaktor, den es nicht zu unterschätzen gilt. Doch auch in Nord und Altona haben sich hinter vorgehaltener Hand die Strukturkonservativen bereits zu Wort gemeldet. Geraunt wird ebenfalls, dass die Reduzierung Altonas auf die wohlhabenden Elbvororte auch das Ende der schwarz-grünen Kooperation im Bezirk bedeuten würde – unter Berücksichtigung von FDP-Bezirksamtsleiter Hinnerk Fock kein guter Start nach Jamaika.
Vermutlich wird morgen also das Sieben-Bezirke-Modell die parteiinterne Probeabstimmung gewinnen und dem CDU-Landesparteitag am Dienstag zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Bis zum Jahresende, prognostiziert Fraktionschef Bernd Reinert, „sollte der Gesetzentwurf dann vorliegen können“.
Sein SPD-Pendant Michael Neumann lehnt einen „senatsunmittelbaren City-Bezirk“ ebenso ab wie das „Faktenschaffen der CDU nach parteiinterner Machtbalance“. Noch deutlicher wird der grüne Verfassungsexperte Farid Müller: „Das ist eine als Verwaltungsreform getarnte Manipulation für Parteiinteressen.“ Sven-Michael Veit