: Abfall-Schmock bringt kein Glück
Im Streit um den Anteilsverkauf des dem Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) gehörenden Entsorgers AGR gerät die Fraktionschefin der SPD im RVR unter Druck. Sie soll trotz Befangenheit die Verhandlungen voran getrieben haben
ESSEN taz ■ Der Brief, den der CDU-Fraktionschef im Regionalverband Ruhrgebiet (RVR), Roland Mitschke, gestern der Presse zugänglich machte, hat es in sich: Martina Schmück-Glock, Entsorgungsexpertin und SPD-Fraktionsvorsitzende im Revierbund äußert sich darin zum Verkauf von Anteilen der RVR-Entsorgungstochter AGR. Pikant: Schmück-Glock vertritt zugleich die Seite der Verkäufer und möglichen Käufer. Sie sitzt im AGR-Aufsichtsrat und ist Vorsitzende des Aufsichtsrates der Umweltservice Bochum (UBS), einem potenziellen Anteilskäufer.
In dem Schreiben, das Schmück-Glock vertraulich an die Geschäftsführer der Entsorgung Dortmund (EDG), Karl-Joachim Neuhaus, des USB, Werner Meys und der Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal (AWG), Wolfgang Herkenberg schickte, macht sich Schmück-Glock dafür stark, dass die kommunalen Entsorger nur die Minderheitsbeteiligung an der AGR anstreben sollten.
In dem Verkaufsverfahren soll ein Teil der AGR, momentan noch in Vollbesitz des RVR, abgegeben werden. Schmück-Glock glaubt, dass trotz Minderheitsbeteiligung eine strategische Führerschaft durch die neuen Geschäftspartner der AGR erreicht werden könne.
In dem Brief erklärt Schmück-Glock zwar ihre Befangenheit als USB-Aufsichtsratsvorsitzende, erklärt jedoch, dass sie sich „im Aufsichtsrat der USB und in den Gremien der Stadt Bochum ausdrücklich nur dafür einsetzen, ein 49 % Angebot abzugeben, weil ich der angestrebten Beteiligung nicht ‚selbst das Grab schaufeln‘ will“.
Mit dem Geld, das durch einen Anteilsverkauf in die Kassen käme, will sich die AGR in erster Linie die genehmigten Planungen für einen neuen Müllofen bezahlen lassen. „Das ist das Pfund, mit dem die AGR wuchern kann“, sagt CDU-Fraktionschef Mitschke, auch er Aufsichtsratsmitglied der AGR. Ein solches Planungsverfahren brauche schließlich Jahre. Neben dem kommunalen Konsortium bieten auch der Lünener Privatentsorger Remondis und ein Verband mittelständischer Entsorger unter Führung einer Bank um die Anteile an der AGR. Allein kann die AGR den geplanten Müllofen nicht bauen, da ihr dazu das Geld fehlt. Das nordrhein-westfälische Innenministerium ist der Meinung, dass der Regionalverband Ruhrgebiet nicht die Mehrheit an seiner Entsorgungstochter abgeben darf, da der Verband laut Gesetz für die Abfallwirtschaft zuständig sei. Daher überlegt die kommunale Bietergemeinschaft um Schmück-Glock, wie sie trotzdem die Mehrheit der Geschäftsführer nach der Übernahme stellen könnte. Darüber hat sich eine Düsseldorfer Anwaltsgesellschaft die der Wirtschaftsberatung Ernst & Young assoziiert ist, schon Gedanken gemacht und diese den Beteiligten in einem Memo mitgeteilt. Ergebnis der anwaltlichen Untersuchungen: Die Verträge sind frei, auch ohne Mehrheit ließe sich mit entsprechenden Klauseln die Mehrheit der Geschäftsführer aus dem Umfeld des Bieterkonsortiums installieren.
Zu dieser Problematik merkt USB-Geschäftsführer Meys in einem weiteren Schriftstück an, Remondis praktiziere dies schon bei den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen, ebenfalls ein Entsorger in mehrheitlich kommunaler Hand.
Die Enthüllungen von CDU-Mann Mitschke fand sogar der politische Gegner, die SPD im RVR interessant. Sie schickte ihren Fraktionsgeschäftsführer Siegfried Döring zur Pressekonferenz. Dort sagte Döring, er sei für www.mediendienst.de anwesend. Die dahinter stehende Firma beschäftigt sich vornehmlich mit Internetseiten – und hat für das damals noch rot-grüne NRW die Internet-Auftritte der Staatskanzlei und mehreren Ministerin kreiert. ELMAR KOK