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Archiv-Artikel

99 Tage: Regieren mit harter Hand

Die Landesregierung zieht ein erstes Regierungsfazit: „Dem Land geht es heute besser“. Die Zusammenarbeit zwischen FDP und Union sei „vorzüglich“. Für die SPD eine „magere Bilanz“

AUS DÜSSELDORF ANDREAS WYPUTTA

Gut, besser, Rüttgers: Nach 98 Tagen in der Staatskanzlei hat Nordrhein-Westfalens neuer CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gestern eine durchweg positive Bilanz seiner Regierung gezogen. Im Land wüchsen „Optimismus, Zuversicht und Aufbruchsstimmung“ – ein Erfolg seiner Regierung, des „engagierten und partnerschaftlichen Klimas“ zwischen CDU und FDP, glaubt der Regierungschef.

Ob bei der Bekämpfung des Lehrermangels, der Einführung einer „Schul-Tüv“ genannten Schulinspektion, dem Abbau der Bürokratie oder bei der Sanierung des maroden Landeshaushalts: Rüttgers sieht sich auf dem richtigen Weg – und versuchte schon durch seine Wortwahl klar zu machen, wer der neue Chef ist. Kritik der „Abgeordneten Kraft“ bügelte der Ministerpräsident harsch ab. Denn die SPD-Oppositionschefin Hannelore Kraft hatte es bereits im Vorfeld gewagt, die von Rüttgers und seinem CDU-Finanzminister Helmut Linssen verantworte höchste Neuverschuldung in der Geschichte NRWs zu kritisieren und erwägt wie die Grünen den Gang vor das Verfassungsgericht in Münster.

Eine „magere Bilanz aus Täuschung und Enttäuschung“ seien die 100 Tage Rüttgers, kritisiert Kraft: Bafög-Empfänger müssten entgegen der persönlichen Zusage des Regierungschefs doch Studiengebühren zahlen, und statt des angekündigten Personalabbaus habe die schwarz-gelbe Landesregierung knapp 100 hoch dotierte neue Stellen in Ministerien und Staatskanzlei geschaffen.

Doch Rüttgers hat die Konsequenzen aus dem Absturz der Bundestagswahlen gezogen, bei dem seine nordrhein-westfälische CDU über zehn Prozent verlor. „Ja, es gibt hier viel zu sanieren. Aber das ist das Erbe von Rot-Grün“, sagt er – und betont die „soziale Balance“, für die seine Regierung stehe. Selbst Rüttgers‘ Stellvertreter, der Liberale Andreas Pinkwart, gibt sich vorsichtig, formuliert besonders weich, wenn er von der Sanierung des Haushalts spricht: „Alle werden es merken.“

Soziale Gerechtigkeit trotz FDP-Regierungsbeteiligung soll Rüttgers‘ Politik prägen. Natürlich werde er die „Netto-Neuverschuldung deutlich reduzieren“, kündigt der Regierungschef an – und spricht nur Sekunden später über die härtere Verfolgung von Umsatzsteuerbetrug: „Bei allem, was wir tun, brauchen wir soziale Widerlager.“