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Archiv-Artikel

Maulkörbe in Serie

Senat lässt ASD-Anhörung im Jugendausschuss platzen. Sogar CDU-Bezirksamtsleiter Fuchs durfte nicht sprechen. Senatskanzlei droht Ex-Mitarbeiterin mit Disziplinarrecht

Die Expertenanhörung zur Lage der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) vor dem Jugendausschuss der Bürgerschaft fand gestern nicht statt. Der Senat hatte kurzerhand allen vier von GAL, SPD und CDU eingeladenen Behördenmitarbeitern die Aussagegenehmigung verweigert. Formal zuständig ist die Finanzbehörde. Man wolle diese Genehmigungen künftig „grundsätzlich“ nicht mehr erteilen, erklärt deren Sprecher Simon Menzel.

Offenbar hat den Senat das am Montag in der taz erschienene Interview mit der Ex-Jugendamtsmitarbeiterin Elisabeth Tinger nervös gemacht. Die hatte im März nach 23 Jahren ihren Dienst quittiert, weil ihr „die Verantwortung, die Kinder zu schützen“ angesichts der schlechten Personalausstattung in den ASD „zu groß“ wurde. Tinger, von der GAL als Expertin eingeladen, erhielt Druck direkt aus der Senatskanzlei. Die lies den Grünen ausrichten, Tinger müsse mit disziplinarrechtlichen Schritten rechnen, wenn sie sich über ihre frühere Tätigkeit äußert.

Unter den ausgeladenen Experten befindet sich auch Wandsbeks Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs sowie der Regionalleiter im Bezirksamt Altona, Heiner Wiese, beide von der CDU benannt. Ebenfalls nicht erscheinen durften der Bergedorfer ASD-Mitarbeiter Lothar Knode und Harburgs Sozialdezernent Holger Stuhlmann.

GAL und SPD reagierten entsetzt und erklärten die Anhörung für „sinnlos“. Erst am Freitag war den Abgeordneten im „Sonderausschuss Jessica“ erklärt worden, nähere Nachfragen zu den ASD könnten sie am Dienstag im Jugendausschuss stellen. Die nun geplatzte Anhörung war zudem mehrfach verschoben worden. Auch waren Kleine Anfragen nach Wartelisten oder der Zahl der Überstunden in den ASD nicht beantwortet worden. „Jetzt ist klar, der Senat will gar nicht wissen, wie katastrophal die Personalsituation in den ASD ist“, sagt die GAL-Abgeordnete Christiane Blömeke. Damit habe er es zu verantworten, wenn vernachlässigte Kinder übersehen würden.

„Der Senat“, so ergänzt die SPD-Abgeordnete Andrea Hilgers, scheine „selbst CDU-Bezirksamtsleitern nicht mehr zu trauen“. Auch die CDU-Fraktion war angesäuert. Die Sache sei „unglücklich gelaufen“, erklärte CDU-Jugendexperte Klaus-Peter Hesse und versprach, sich dafür einzusetzen, dass die Behördenmitarbeiter zu Wort kommen.

Dies wäre allerdings nicht im Sinne von Sozialstaatsrat Klaus Meister. Während seine Senatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) am Mittag erklärte, von dem Vorgang nichts zu wissen, räumte Meister am Abend ein, er sei „an der Entscheidung beteiligt“ gewesen. Im konkreten Fall gehe es um Fragen, die „aus übergeordneter Warte“ und nicht aufgrund „subjektiven Mitarbeiterempfindens“ zu beurteilen seien. Kaija Kutter