: Opposition lehnt Zypern-Hilfen derzeit ab
EUROKRISE SPD und Grüne fordern Ende des Steuerdumpings. Entscheidung erst im März
RAINER BRÜDERLE, FDP
BERLIN taz/rtr | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) droht im Bundestag erstmals eine Niederlage bei einer Abstimmung zur Eurokrise. Sowohl die SPD als auch die Grünen haben angekündigt, dem geplanten Rettungspaket für Zypern unter den derzeitigen Bedingungen nicht zuzustimmen.
Weil es innerhalb der schwarz-gelben Koalition bei den Griechenland-Abstimmungen zuletzt etwa 30 Abweichler gab – und diese Zahl dürfte beim umstrittenen Fall Zypern eher höher liegen –, ist eine eigene Mehrheit der Regierung alles andere als sicher. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle stellte sie am Mittwoch offen in Frage. Union und FDP verfügen im Bundestag über 330 von 620 Sitzen.
Zypern steht in der Kritik, weil der Mittelmeer-Staat wegen niedriger Kapitalsteuern und geringer Aufsicht als Steueroase gilt, in dem sowohl EU- als auch russisches Geld angelegt und gewaschen wird. Solange sich daran nichts ändert, will die SPD einem Hilfspaket nicht zustimmen. „Nach jetzigem Stand kann ich mir nicht vorstellen, dass deutsche Steuerzahler zypriotische Banken retten, deren Geschäftsmodell auf der Beihilfe zum Steuerbetrug basiert“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel der Süddeutschen Zeitung. „Wenn Frau Merkel für ein Zypern-Paket die Zustimmung der SPD haben will, müsste sie sehr gute Gründe haben. Die sehe ich aber gegenwärtig nicht.“ SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann konkretisierte dies am Mittwoch gegenüber der taz: „Merkel und Schäuble müssen dafür Sorge tragen, dass Zypern die Kollaboration mit Geldwäschern und und Steuerhinterziehern rückstandsfrei beendet.“
Auch die Grünen knüpfen ihre Zustimmung an grundlegende Reformen des Steuer- und Banksystems. „Die Vorschläge, die derzeit auf dem Tisch liegen, sind nicht tragfähig“, sagte Finanzexperte Gerhard Schick der taz. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Teil des Geschäftsmodells, der auf Steuerflucht und Geldwäsche basiert, beendet wird.“ Ein Unternehmenssteuersatz von 10 Prozent sei nicht akzeptabel.
Auch innerhalb der Koalition gibt es Kritik. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle zweifelte am Mittwoch an einer Bundestagsmehrheit. „Bei Zypern gibt es sehr viele Fragezeichen“, sagte er der Bild-Zeitung laut Vorabbericht. „Nach dem bisher Bekannten sehe ich keine Mehrheit für Finanzhilfen.“ Demnach begründete er seine ablehnende Haltung mit den unklaren Finanzverhältnissen in dem Euro-Staat. Es gebe klare Regeln für Finanzhilfen. „Wenn der Eindruck besteht, dass die deutschen Steuerzahler für Schwarzgeld in Zypern haften sollen, sind Hilfen nicht vermittelbar und nicht vertretbar“, sagte Brüderle.
Merkel hält hingegen an den geplanten Finanzhilfen fest, die auf insgesamt 17,5 Milliarden Euro geschätzt werden. Nach einem Treffen mit Maltas Ministerpräsident Lawrence Gonzi am Mittwoch in Berlin sagte sie, es werde „keine Sonderbedingungen“ für Zypern geben – bezog sich dabei aber eher auf mögliche Ausnahmen, nicht auf zusätzliche Anforderungen für das Land. Merkel reist am Freitag in die zypriotische Hauptstadt Nikosia.
Unterdessen zeichnet sich ab, dass die Entscheidung über die Zypern-Hilfen später fällt als zunächst geplant. Ende Januar werden die EU-Finanzminister nur über den Zustand des zypriotischen Bankensystems beraten, erklärte das Bundesfinanzministerium. Eine Entscheidung fällt laut Handelsblatt erst Anfang März. Auch im Bundestag bleibt also noch Zeit für eine Kompromisssuche. MKR
Meinung + Diskussion SEITE 12