: Versuchsweise länger einkaufen
LADENSCHLUSS In Hamburg, Kiel und Göttingen bleiben Rewe-Supermärkte jetzt bis 23 Uhr geöffnet. Die Gewerkschaft ist besorgt, der Betriebsrat aber hat zugestimmt
VON KAIJA KUTTER
Kann schon mal passieren, dass man abends um zehn aus dem Urlaub zurückkommt. Und dann froh ist, noch Milch und Brot kaufen zu können. Im Alltag ist das eher selten der Fall – spätestens zu den „Tagesthemen“ legt der durchschnittliche Konsument die Füße hoch. Der Handelskonzern Rewe will jetzt wissen, ob seine Kunden nicht doch noch später einkaufen würden und verlängert in Hamburger Penny- und Rewe-Supermärkten die Öffnungszeit um eine Stunde: von 22 auf 23 Uhr.
Nur testweise, bis Ende des Jahres, blieben 14 Filialen nun länger geöffnet, sagt Arne Peukes von der Gewerkschaft Ver.di in Hamburg. Danach wolle Rewe entscheiden, ob sich die Sache gelohnt hat. „Der Betriebsrat wollte das eigentlich ablehnen“, sagt Peukes. Habe dann aber „doch zugestimmt, weil Mitarbeiter das wollten und weil es nur auf Probe ist“. Außerdem würden die Kräfte freiwillig eingesetzt. „Das ist das Absurde im Einzelhandel“, wundert sich der Gewerkschafter. „Sie finden für alles Beschäftigte.“
Peukes befürchtet, dass im neuen Jahr eine Debatte um grundsätzlich bis 23 oder gar 24 Uhr geöffnete Läden folgen könnte. So expandiert derzeit die Kaufland-Kette im Norden, und einer ihrer Märkte in Hamburg-Bergedorf schließt erst um Mitternacht. „Ich weiß noch, wie man samstags nur bis 14 Uhr einkaufen konnte“, sagt Peukes. „Da ist man auch nicht verhungert.“
Auch in Göttingen und Kiel haben einzelne Rewe-Märkte bis 23 Uhr geöffnet. Nach taz-Informationen sollte der spätere Ladenschluss eigentlich auch in Bremen getestet werden. Der dortige Ver.di-Sekretär Richard Schmid hat davon keine Kenntnis, erinnert aber daran, „dass Rewe exzessiv versucht, Öffnungszeiten auszuweiten. Sie waren schon die ersten, die samstags bis 20 Uhr offen hatten und dann die ganze Woche bis 22 Uhr“. Dadurch würden Wettbewerber gezwungen, mitzuziehen, sagt Schmid. Seiner Gewerkschaft seien zudem Fälle bekannt, in denen die Arbeitgeber für die Zeit von 20 bis 22 Uhr überwiegend geringfügig Beschäftigte einsetzten, „die nicht tarifgerecht bezahlt werden und nicht die Spät- und Nachtzuschläge bekommen“.
„Im Raum Hamburg haben einige wenige Testmärkte bis 23 Uhr geöffnet“, bestätigt Rewe-Sprecherin Julia Robertz schriftlich. Der Einsatz der Mitarbeiter erfolge im Rahmen einer Betriebsvereinbarung. Bestimmte Gruppen, etwa Eltern mit betreuungspflichtigen Kindern, seien davon ausgenommen. Um die übrigen Mitarbeiter zu entlasten, setze man für die Späteinsätze auch geringfügig Beschäftigte ein, die „orientiert am Tarifvertrag“ vergütet würden. Ob sie die genannten Spät- und Nachtzuschläge bekommen, geht aus dem Statement nicht hervor.
Die Kaufland-Zentrale aus Neckarsulm gibt an, dass Abend- und Nachtzuschläge auch für geringfügig Beschäftige „entsprechend den tariflichen Vereinbarungen bezahlt“ würden.