: EU verteilt Mikrokredite
ARBEIT In Deutschland hat die Kurzarbeit den Jobmarkt gestützt, in Spanien müssen Arbeiter umgeschult werden, sagt die EU-Kommission in ihrem Beschäftigungsbericht
VON DANIELA WEINGÄRTNER
Existenzgründer bekommen vom nächsten Jahr an Mikrokredite von der Europäischen Investitionsbank. Das Europäische Parlament hat gestern 100 Millionen Euro für den Zeitraum 2010 bis 2014 bewilligt. Sie sollen von den Banken und Sparkassen der Mitgliedstaaten an diejenigen ausgezahlt werden, „die nicht leicht Kredite erhalten können“. Die Mikrokredite könnten benutzt werden, um ein kleines Unternehmen zu gründen oder eine Fortbildung zu finanzieren, sagte die ungarische EU-Abgeordnete Kinga Göncz, die das Projekt betreut hat. Die Grünen kritisierten, dass dafür Geld aus dem EU-Armenprogramm umgeschichtet wird. „Wir akzeptieren solche Taschenspielertricks nicht,“ erklärte die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Schroedter.
Das Geld könnte in den kommenden Jahren dringend gebraucht werden. In ihrem gestern veröffentlichten Beschäftigungsbericht schätzt die EU-Kommission, dass zwar die Talsohle der Rezession erreicht sei, die Arbeitslosenzahlen aber im kommenden Jahr zeitverzögert weiter ansteigen werden. 10,3 Prozent der arbeitsfähigen Europäer – also 28 Millionen Menschen – könnten kommendes Jahr in der EU arbeitslos sein. 2011 könnte die Quote geringfügig sinken, auf 10,2 Prozent. „Das wäre nicht ganz so schlimm wie ursprünglich befürchtet“, erklärte ein Kommissionsexperte. „Doch wie alle Prognosen ist auch diese fehleranfällig.“
Nicht alle Programme, die die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Rezession aufgelegt haben, haben dem Arbeitsmarkt genützt. In Deutschland habe die zeitlich befristete Verlängerung der Kurzarbeit von 6 auf 24 Monate viele Arbeitsplätze gerettet, glaubt die Kommission. In Spanien, wo der Bausektor vollkommen zusammengebrochen ist, wäre das gleiche Instrument hingegen wirkungslos gewesen. Dort müssten Überkapazitäten abgebaut und die Arbeiter für andere Branchen umgeschult werden.
Gute Noten erhält Deutschland für seine Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit. Die hohe Qualität der Lehrlingsausbildung und die finanzielle Förderung für ausbildende Betriebe erlaube einen leichteren Übergang zwischen Schule und Beruf. Für ältere Arbeitnehmer hat sich das Risiko Arbeitslosigkeit bislang durch die Krise nicht erhöht. Der Bericht warnt aber, dass einige Staaten wieder auf Vorruhestandsmodelle zurückgreifen könnten, wenn sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärft – obwohl sich Experten einig sind, dass damit die falsche Richtung eingeschlagen wird. Längere Lebensarbeitszeiten sind für Europas wirtschaftliche Entwicklung ebenso unverzichtbar wie mehr Arbeitsmigration.
Auch hier sieht der Bericht in Deutschland Handlungsbedarf: Die derzeitige Politik konzentriere sich darauf, die berufliche Qualifikation und die Eingliederung der Migranten zu verbessern, die bereits im Land seien. Mittelfristig müssten Unternehmen dazu gebracht werden, mehr Einwanderer einzustellen.