: Angst vor Zuständen wie in Frankreich
Bei dänischen Kommunalwahlen siegen die Sozialdemokraten. Die setzen in puncto Ausländerpolitik auf Integration
STOCKHOLM taz ■ In Dänemark scheint sich ein politischer Stimmungswechsel anzubahnen. Bei den Kommunalwahlen am Dienstag waren die Sozialdemokraten die großen Gewinner, während die konservative und rechtsliberale Regierungspartei ebenso wie die fremdenfeindliche Dänische Volkspartei kräftige Einbußen erlitten.
Besonders deutlich ausgeprägt war diese landesweite Tendenz in der Hauptstadt Kopenhagen. Dort nimmt mit der Ex-EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard erstmals eine Frau auf dem Oberbürgermeistersessel Platz. Im Kopenhagener Wahlkampf waren in den letzten Wochen angesichts der Verhaftungen mehrerer terrorverdächtiger jugendlicher Migranten und der Vorgänge in Pariser Vororten Fragen von Integration und Terrorgefahr zu vorrangigen Debattenthemen aufgerückt.
Auch dänische Großstädte haben ihre Problemvororte mit wachsender Ghettoisierung. Hier wohnen Flüchtlinge, die als Folge einer vorwiegend von Ausgrenzung geprägten Regierungspolitik allen Grund haben, sich als BürgerInnen zweiter Klasse zu fühlen. 76 Prozent aus dieser Gruppe sind von Sozialhilfe abhängig. Und 45 Prozent der Jugendlichen der zweiten Migrantengeneration sind arbeitslos, obwohl die dänische Wirtschaft boomt und die Arbeitslosenrate mit 5,5 Prozent so niedrig ist wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Als sich Anfang November die Frustration dieser Jugendlichen in Dänemarks zweitgrößter Stadt Århus in dreitägigen Unruhen manifestierte, hatte Oberbürgermeisterin Louise Gade das Motto „Härte gegen Gewalt“ ausgegeben. Mit diesem Rezept konnte sie ihre WählerInnen nicht überzeugen, sondern wurde abgewählt. Ebenso scheiterte eine Bürgermeisterkandidatin der Dänischen Volkspartei in Kopenhagen. Sie wollte Terrorverdächtige in russische Gefängnisse schicken und hatte eine auf Integration gerichtete Ausländerpolitik mit dem Versuch verglichen, Krebszellen zu gesunden Körperzellen machen zu wollen.
Doch im Gegensatz zu früheren Wahlkämpfen verfing diese Rhetorik nicht. Die Fernsehbilder aus Frankreich trugen möglicherweise dazu bei, die Sozialdemokraten beim Integrationsthema als kompetenter einzuschätzen. Diese hatten vor einigen Wochen die Zusammenarbeit mit der Regierung im Bereich Ausländerpolitik aufgekündigt. Wahlsiegerin Bjerregaard hatte klar benannt, worin sie die größte Terrorgefahr für Dänemark sieht: in der fortgesetzten Anwesenheit dänischer Truppen im Irak. REINHARD WOLFF