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Archiv-Artikel

Speist Waffengeld Friedenspreis?

Die Nobelstiftung soll einen Teil ihres Geldes in Rüstungsfirmen angelegt haben

STOCKHOLM taz ■ Ist es möglich, dass das Preisgeld für den Friedensnobelpreis auch aus Anlagen in Unternehmen stammt, die Atomwaffen oder Splitterbomben herstellen? Ja, sagt Norwatch, ein zur norwegischen NGO Framtiden i våre hender gehörender Nachrichtendienst, der sich auf Ethik und Moral im Wirtschaftsleben spezialisiert hat. Es sei sogar wahrscheinlich. Er wirft der in Stockholm beheimateten Nobel-Stiftung vor, keinerlei Kontrolle darüber zu haben, wo das Geld der Stiftung investiert wird. Es sei nicht einmal möglich, Auskunft zu bekommen, von welchen Firmen die Stiftung Anteile halte.

Norwatch war bei seinen Recherchen auf die US-amerikanische Investmentfirma T Rowe Price gestoßen, die im Auftrag der Stiftung Teile des Nobelvermögens verwaltet. In deren allgemeinen Fonds finden sich unter anderem auch Atomwaffenhersteller und andere Waffenproduzenten.

Mit dem Geist des Nobelpreises im Sinne seines Stifters Alfred Nobel hätte das wenig zu tun. Der Dynamitfabrikant hatte den Friedensnobelpreis mit seinem Testament von 1895 wohl auch deshalb initiiert, um sein Unbehagen darüber zu lindern, welche Wirkungen die von ihm entwickelten Sprengstoffe bei Terroranschlägen und im Bombenbau entfalten konnten.

Der Finanzdirektor der Stiftung, Åke Altéus, will gar nicht ausschließen, dass Teile der 1,1 Millionen Euro, mit denen am 10. Dezember die diesjährigen Friedensnobelpreisträger geehrt werden, aus den kritisierten Quellen stammen könnten. „Wir haben T Rowe Price keinerlei Instruktionen gegeben, unser Geld nicht in solchen Firmen anzulegen“, sagte Altéus der norwegischen Tageszeitung Dagsavisen: „Ich nehme daher auch nicht an, dass die Fondsverwalter eine Unterscheidung machen, was sie mit unserem Geld und was sie mit anderen Geldern machen.“ Dass die Nobel-Stiftung keine festen ethischen Richtlinien habe, schiebt Altéus auf „Schwierigkeiten der Grenzziehung“.

Geir Lundestad, Sekretär des für die Verleihung des Friedensnobelpreises zuständigen norwegischen Nobelkomitees, beteuert, dass er dieses Versäumnis mit Stockholm diskutiert habe: „Wir haben das wiederholt angesprochen“, allerdings gebe es bislang kein Resultat. „Ich hätte gerne eine klarere Politik.“ Auch Ole Danbolt Mjøs, Leiter des Friedensnobelpreiskomitees, hat schon lange Bauchschmerzen mit der Geldanlagepraxis der Stiftung: „Ich habe inständig gebeten, dass diese Problematik angegangen wird.“

Am 15. Dezember soll es ein neues Treffen zwischen dem Osloer Komitee und der Stockholmer Stiftung geben, bei dem das Thema auf der Tagesordnung steht. Michael Sohlman, Direktor dieser Nobelstiftung, zieht seine Grenze in der Zeitung Dagsavise erst bei Firmen, die „primär Waffenproduktion betreiben“. Er hat seine eigene Interpretation vom Geist des Stifters: Alfred Nobel habe diese Waffenindustrie ja mitentwickelt und in ihr investiert. Das Geld für den Nobelpreis stamme also ohnehin aus diesen Quellen.

REINHARD WOLFF