: Keine deutsche Beihilfe zur Masri-Entführung
Steinmeier spricht erstmals öffentlich zur CIA-Affäre. Ströbele: Geheimdienstausschuss ist falsch informiert worden
Es sollte gewissermaßen der Höhepunkt an Aufklärung sein, und das vor den Augen aller Öffentlichkeit: die Bundestagsdebatte zu den CIA-Entführungen, in der sich, endlich mal, die verantwortlichen Politiker nicht auf Geheimhaltungsvorschriften zurückziehen konnten. Dass diese Debatte gestern Nachmittag vor halb leeren Abgeordnetenreihen stattfand, erklärt vielleicht, warum das Parlament elf Monate brauchte, um sich über einen Fall zu erregen, der seit Januar 2005 bekannt ist: die Entführung al-Masris.
Frank-Walter Steinmeier nutzte die Gelegenheit, um nicht nur ein paar sloterdijkhafte Erkenntnisse über die Dauergefahren auf unserem Globus zu verbreiten („Die wenig glitzernden Seiten der Nacht – es gibt sie, ich habe sie oft erlebt“), sondern auch, um wenigstens im Fall Masri detaillierte Erkenntnisse der Bundesregierung darzulegen. Keine einzige deutsche Stelle habe demnach der CIA Beihilfe zur Verschleppung des Deutschlibanesen geleistet. Die bisherigen Nachforschungen hätten zudem keine Anhaltspunkte ergeben, dass Mitteilungen zu al-Masri durch Sicherheitsbehörden des Bundes weitergegeben worden sind.
Steinmeier erläuterte detailliert, was die rot-grüne Bundesregierung unternommen hat, um den Fall Masri aufzuklären, als sie von dessen Entführung erfahren hatte – allerdings erst nach seiner Freilassung, wie der Minister versicherte. Am 8. Juni 2004 sei der Brief des Anwalts von al-Masri mit der Bitte um Sicherung gerichtsfester Beweise im Kanzleramt eingegangen. In den Wochen danach seien „30 einzelne Bemühungen von einem Dutzend Bundesbehörden“ unternommen worden, vom BKA über den BND bis hin zu den deutschen Botschaften. Am 17. und 18. Juni sei al-Masri vom Generalbundesanwalt als Zeuge vernommen worden. Vielfach seien US-Stellen gedrängt worden, Auskünfte zu erteilen. Auch das Parlamentarische Kontrollgremium sei informiert worden.
„Wir haben noch viele Fragen“, entgegnete Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi. FDP und Grüne äußerten sich ähnlich. Und der Grüne Christian Ströbele äußerte in einer Kurzintervention den schweren Vorwurf, der Geheimdienstausschuss sei über die Al-Masri-Entführung „falsch informiert“ worden. Das Gremium wollte diesen Vorwurf in einer geheimen Sitzung am Abend klären. JENS KÖNIG