MÜNCHEN – DIE ALLIANZ-ARENA ALS BECKENBAUER’SCHE NOTVERORDNUNG
: Die WM ist nur ein Vorspiel

Edmund Stoiber, immer auf Ballhöhe, hatte schon zu Beginn des Jahres den Verdacht, es könnten sich irgendwelche Konkurrenten über die WM profilieren. Er handelte schnell. Man gründete in München eine Veranstaltungsspezialkampfwerbegruppe und nannte diese bescheidend und zurückhaltend: „Task Force“. Ein Soccer-Thinktank, eine bayrische Grüblergruppe. 27 Teilnehmer, darunter 19 bayrische Ministerialbeamte, mit einem Volumen von 4 Millionen Euro. Die sind inzwischen verbraucht. Sie wurden für einen Event benötigt, bei dem 80 Interessierte erschienen sind. Ein Furz, diese Force.

Im Zentrum des gewaltigen Ereignisses steht allerdings diese Allianz-Arena, die man auch als Beckenbauer’sche Notverordnung bezeichnen könnte. Wo anders als in München kann es einem einzelnen Fußballspieler gelingen, eine Stadt zu einer Ausgabe von 300 Millionen zu zwingen? Wobei seine Drohung, er werde andernfalls das vorhandene Olympiastadion in die Luft sprengen, eine Rolle gespielt haben könnte. Der Name Allianz verbreitet nicht unbedingt bayrischen Flair, zugegeben, was aber nichts ausmacht, weil man in diesem Stadion auch kein bayrisches Bier trinken darf. Während der WM wird nur tschechisches Budweiser, das aber amerikanisch ist, ausgeschenkt.

Für den Monat Juni werden schon Vorwarnungen herausgegeben. Bleiben Sie zu Hause, für Ihre Sicherheit sorgen Polizei, CIA, Bundeswehr und Wolfgang Schäuble. Ganz wichtig wird die Sicherheit des Luftraums sein. Und dazu hat man aus undichten Kreisen der Security-Force erfahren, dass an eine stadtüberspannende Volière gedacht ist, die in Form eines gigantischen Fußballs im bayrischen Rautenmuster gestaltet werden soll. Nicht erwähnt werden muss wohl, dass „gefährliche Personen, denen man noch keine Straftat nachweisen konnte“, die aber so aussehen, evakuiert werden. Es wird gemunkelt, dass es sich um schwer erreichbare Provinzen in Polen handelt. Die Stadt München, so viel ist gewiss, wird während der WM-Tage in den Ausnahmezustand versetzt. Danach wird man dann für ein viel größeres Ereignis gerüstet sein. Im Herbst besucht Papst Benedikt das Oktoberfest. DIETER HILDEBRANDT

Kabarettist und Schriftsteller