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FUSSBALLCHAOS AUF DEN FIDSCHI-INSELNSehenswerter Machtkampf

über Ball und die Welt

MARTIN KRAUSS

Es hätte ein so schöner Abend werden sollen. Am vergangenen Samstag stand die alljährliche Ehrung der Fiji Football Association an, und da werden traditionell die besten Fußballer, Trainer, Teams, Manager und, und, und der Fidschi-Inseln gewürdigt.

Anders als beim Rugby, wo die Fidschis Weltklasse sind, hat der Fußball hier Probleme. Und die lassen sich, wie man seit dem Wochenende weiß, nicht dadurch lösen, dass Kickern aus der Stadt Lautoka die wichtigsten Ehrungen zuerkannt werden: Spieler des Jahres, Manager des Jahres, Schiedsrichter des Jahres und Mannschaft des Jahres kommen alle aus Lautoka. Die benachteiligte Delegation aus dem Distrikt Navua verließ unter Protest den Saal. „Farce“, „Abstrafung“, hieß es, sogar von „Vergewaltigung“ war die Rede.

Wer wirklich die aktuell beste Fußballmannschaft der Fidschis stellt, lässt sich so genau nicht sagen: Es gibt eine Liga der Distrikte, daneben eine Interdistriktmeisterschaft, dann den „Champion versus Champion“-Wettbewerb, in dem sich die zwei Meister der jeweiligen Ligen messen, den „Kampf der Giganten“, in dem die besten Distriktteams antreten – alles nicht allzu erfolgreiche Versuche der letzten Jahre, den Fußball auf den Fidschis attraktiver zu machen.

Das Fußballchaos im Inselstaat ist ein Lehrstück über Vereine und Ligen, deren Ziel es ist, mit dem Fußball Geld zu verdienen, über einen Verband, der sich aufs Engste an den Internationalen Fußballverband Fifa anlehnt, weil er von den dort ausgeschütteten Geldern profitiert, und über eine Regierung, die sich wünscht, dass man mit den doofen Kickern endlich mal bei einer Weltmeisterschaft Staat machen kann.

„Die Distriktchefs müssen sich endlich der undemokratischen Führung des Verbands verweigern“, sagt Kamal Narayan, früherer Fußballchef von Navua. Was ihm und seinen Kollegen vorschwebt, ist eine professionelle Fußballliga, die attraktiv für Fans und Sponsoren ist. Da wollen sie Wettbewerb und keine Protegierung einzelner Distrikte.

Nun hat sich auch der Sportminister in den Streit eingeschaltet. „Ich habe einen Traum“, übt sich Rajesh Sing in Rhetorik, „Fidschi sollte an der Weltmeisterschaft teilnehmen.“ Damit der Traum wahr wird, fordert Sing den Verbandschef Sahu Khan zum Rücktritt auf. „Das gesamte Präsidium sollte ausgewechselt werden“, sagt der Politiker, „denn wir haben uns nicht für die WM qualifiziert.“ Singh fordert, dass sich die Nationalmannschaft der Fidschis für die New Zealand Football Championship oder für die australische A-League anmeldet. Diese Integration in bessere Ligen, jenseits des heimischen Hickhacks, soll den sportlichen Aufschwung herbeiführen.

Gegen diese Einmischung aus der Politik wendet sich, natürlich, der angegriffene Verbandspräsident Sahu Khan. „Es gibt eine Fifa-Regel, die jede staatliche Intervention verbietet. Wenn so etwas passiert, gibt es in diesem Land keinen Fußball mehr.“ Khan hat recht, die Fifa hat sich mit bemerkenswerter Chuzpe in den vergangenen Jahren zu einer Art politischer Weltmacht aufgeschwungen: Wenn sich irgendwo auf der Welt ein Staat in den Fußball einmischt – und sei es dergestalt, dass ein Verein ein ordentliches Gericht anruft –, suspendiert die Fifa den nationalen Verband umgehend. Dieses Supermachtgehabe hat sogar schon die Fußballverbände von Italien, Portugal oder Griechenland erwischt.

Also macht sich Sahu Khan vom Fidschi-Verband lieber mit der mächtigen Fifa gemein – wohl wissend, dass, wenn Vereine und Minister ihn nicht mehr mögen, nur die Fifa die Macht hat, ihn in seinem Amt zu belassen. Auf den Fidschis tobt ein fußballerischer Machtkampf, wie er überall auf der Welt zumindest gärt: Verbände gegen Vereine bei kaum noch zur Intervention fähigen Regierungen. Das Besondere am Fall der Fidschi-Inseln ist, dass man sich diesen Machtkampf am Samstagabend bei einer Galaveranstaltung anschauen konnte, wo eigentlich Fußballer geehrt werden sollten. Es wäre nie ein schöner Abend geworden.

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