Ran an die Nordwand, mal ohne Eiger

AUFSTIEG Berge sind in Berlin fern. Klettern aber mit dem Alpenverein geht hier gut, in einer neuen Halle der Berliner Sektion. Heute wird das Kletterzentrum feierlich eröffnet

■ Das DAV Kletterzentrum Berlin, so die offizielle Bezeichnung der Halle in der Seydlitzstraße 1H in Moabit, hat täglich von 10 bis 23 Uhr geöffnet. Die Tageskarte kostet für Mitglieder 10 Euro (Kinder 5 Euro), für Nichtmitglieder 15 Euro (10 Euro). Kinder ab etwa 10 Jahren können hier klettern. Hüftgurt, Karabiner und Kletterschuhe kann man sich auch leihen.

■ Offizielle Eröffnung der Halle ist am Samstag um 10.45 Uhr, unter anderem mit einem Showklettern. www.dav-berlin.de

VON JENS UTHOFF

„Das ist die Langweilerwand“, sagt Walter Welzel und zeigt in Richtung einer mit großen organischen Griffflächen versehenen Wand. „Die ist genormt, die ist in jeder Kletterhalle gleich.“ Es ist die Speedklettererwand. An ihr hangeln sich die Sportler in Wahnsinnsgeschwindigkeit von 0 auf 15 Meter hoch: Der Rekord liegt bei 13 Sekunden. So, so, die Langweilerwand.

Wie dann die wirklich spannenden Wände aussehen? Viele bunte Griffe sind zu sehen, insgesamt sind um die 150 Routen gesteckt – von ganz einfach bis ganz schwer. Die große Halle mit der Kletterfläche von 1.800 Quadratmetern ist hell und freundlich. Ein dicker Kletterblock, der wie ein Fels mit Überhang wirkt, steht in der Mitte. Darum gruppieren sich an den äußeren Wänden weitere Kletterflächen.

So sieht sie aus, die Halle des Deutschen Alpenvereins (DAV) Sektion Berlin, die heute am Samstag in Moabit offiziell eröffnet. Welzel ist der stellvertretende Vorsitzende und Projektleiter der Sektion. Bisher hatte sein Verein nur eine kleine Halle am Hüttenweg.

Die DAV Sektion Berlin hat gut 11.000 Mitglieder und ist aktuell damit der drittgrößte Verein der Stadt, hinter den Fußballern von Hertha und Union. Für die Mitglieder bedeutet die Eröffnung der eigenen Halle, dass sie kostengünstig klettern können – in einem von innen wie außen gelungenen Bau.

„Vor allem sind die Routen einfach toll“, sagt Welzel. Das habe man seit der inoffiziellen Öffnung Anfang Mai häufig von Nutzern gehört. Die Routen wurden von Jacob Niemann geschraubt, einem der besten jungen Kletterer Berlins.

Besonders ist der recht weiche Boden, der erst in den letzten Jahren entwickelt wurde. Auch ist bemerkenswert, dass es einen extra Schulungsraum für Anfänger und zum Erlernen der Sicherungstechniken gibt. Der acht Meter hohe Raum liegt in der ersten Etage im vorderen Gebäudeteil. Dort ist auch der Boulderraum – ein niedriger Raum zum Klettern ohne Seilsicherung. Im Empfangsbereich befinden sich eine Bar und ein Aufenthaltsraum.

Um den Bau der Halle hatte es einen Rechtsstreit gegeben: Die Pacht des Grundstücks war vom Land Berlin vergünstigt worden, da der DAV ein gemeinnütziger Verein sei. Private Hallenbetreiber und deren Verband Klever klagten dagegen, weil dies ihrer Meinung nach eine „wettbewerbsverzerrende staatliche Beihilfe“ sei. Sie bekamen zunächst recht und bewirkten im Frühjahr 2012 einen viermonatigen Baustopp der DAV-Kletterhalle im Eilverfahren. Das Oberverwaltungsgericht hob das Urteil später auf – es kam dann gar zu einem Grundsatzurteil durch die EU-Kommission, das die Rechtmäßigkeit solcher Beihilfen bestätigte.

Keine Landesgelder

In den Bau selbst – 2,4 Millionen Euro teuer – sind keinerlei Landesgelder geflossen. Die Gemeinnützigkeit, so Welzel, sei allein schon dadurch gegeben, dass auch Schulklassen die Halle nutzen werden.

Der Trend zum Sportklettern ist dabei in Berlin wie anderswo ungebrochen. Während bundesweit die Mitgliederzahlen beim DAV jährlich um etwa 5 Prozent steigen, waren es in Berlin in den letzten beiden Jahren ungefähr 7 Prozent.

Als Welzel nach draußen auf das Außengelände schaut, ist da aber doch noch eine Baustelle zu sehen. Gestänge ragt aus dem Boden. „Niemand hat die Absicht, dort eine Mauer zu bauen“, sagt Welzel, „wir beabsichtigen nur, da eine Boulderwand zu bauen.“