: Streit um Bettler-Karikatur
Cartoon der Handelskammer erzürnt Obdachlosen-Magazin Hinz&Kunzt
Karikaturen-Streit nun auch in Hamburg: Die Handelskammer, die ein Bettlerverbot in der Innenstadt rund um die Fußballweltmeisterschaft fordert, druckt in der aktuellen Februar-Ausgabe ihres Mitglieder-Magazins hamburger wirtschaft ein Cartoon ab, das die angeblich professionelle Bettelei in der Innenstadt verspottet (siehe Abbildung unten). Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter beim Obdachlosen-Magazin Hinz&Kunzt, empfindet das als „Sauerei“.
„Da wird Sozialneid geschürt und ein empörendes Menschenbild vertreten“, kritisiert Karrenbauer. Man könnte den Eindruck gewinnen, es ginge den Menschen, die auf der Straße sitzen, in Wirklichkeit super. „Aber ich kenne keinen Bettler, der um die Ecke seinen Jaguar geparkt hat.“
Das Obdachlosen-Magazin hat zum Protest gegen ein temporäres Bettlerverbot in der Innenstadt aufgerufen. 430 Menschen haben sich laut Karrenbauer bislang an der Unterschriftenaktion auf der Homepage von Hinz&Kunzt beteiligt.
Der von Hamburger Kaufleuten und Innensenator Udo Nagel propagierte Plan von bettlerfreien Fußgängerzonen stößt inzwischen auch in der regierenden CDU auf Widerstand. Christoph de Vries, Fraktionschef im Bezirk Mitte, bezeichnete ein Verbot friedlicher Bettelei Anfang der Woche gar als „unchristlich“. Doch die Handelskammer beruft sich auf höhere Werte: „Es liegt in der Natur der Sache, dass Karikaturen polarisieren. Aber das müssen alle Teile einer demokratischen Gesellschaft, die die Presse- und Meinungsfreiheit hochhält, ertragen können – ob das nun Politiker, Unternehmer, Beamte oder Bettler sind“, so die Kammer gestern in einer schriftlichen Stellungnahme. „Das sollten wir uns gerade in diesen Tagen immer wieder vor Augen halten.“
Die CDU-Bürgerschaftsfraktion wollte die Karikatur nicht weiter kommentieren. Pressesprecher Hein von Schassen: „Ich habe ähnliche Karikaturen schon vor zehn Jahren gesehen.“
Jens-Steffen Fründt