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Archiv-Artikel

JÖRN KABISCH ANGEZAPFT Auch das Auge trinkt mit

Ratsherrn, das war Ende der 70er Jahre in Hamburg noch ein Biername mit Klang, erlitt aber trotzdem das Schicksal vieler Biere der Hansestadt. Nichts mehr von unterkühlter Weltläufigkeit, Ratsherrn wurde zu einem Altherrenbier. Und wäre beinahe ganz vom Markt verschwunden, wenn nicht seit ein paar Jahren eine kleine Brauerei in Altona versuchen würde, dem „Hamburger Original“ wieder Leben einzuhauchen.

Neben Pils und Pale Ale kommt aus der Ratsherrn-Brauerei deswegen nun das wohl nördlichste Rotbier der Republik. Die Brauer wollen damit dem traditionell linken Stadtteil Altona ihre Referenz erweisen. Der Legende nach geht der Name nämlich auf eine Rotbier-Kneipe zurück, die ein Fischer hier 1536 eröffnete. Sehr zum Ärger der Ratsherrn. Die fürchteten Konkurrenz, ihnen lag die Wirtschaft „all to nah“ an der Stadtgrenze.

Um dem Bier die Farbe zu geben, gibt es mehrere Möglichkeiten. Früher war es auch die Lagerung in Eichenfässern, heute wird vor allem mit speziellen Röstmalzen gearbeitet. In Hamburg sind es gleich fünf verschiedene Malze.

Das Ratsherrn Rotbier beweist: Auch das Auge trinkt mit. Unter einer gelblichen Schaumkrone, die an kochende Polenta erinnert, besticht ein klares Rostrot. Die Farbe drängt sich dem Geschmack auf. Die Grundnote ist natürlich eine ausgeprägte Malzigkeit, auch beim Geruch. Aber neben Karamellnoten mischen sich bereits in der Nase beerige Klänge ein. Verkostet man das Bier mit verbundenen Augen, denkt man an Kiwi, auf Sicht aber an Erdbeeren oder Backpflaumen. Die können auch nicht ausgleichen, dass das Bier ein wenig schwach auf der Zunge bleibt und im Abgang schal. Die Farbe macht nicht alles.

Ratsherrn Rotbier, Ratsherrn Brauerei Hamburg, Stammwürze 11,9 %, Alkohol 5,2 % Vol.