: Canossa liegt nicht in Dänemark
Die Zeitung „Jyllands-Posten“ dementiert, sich für Abdruck von Mohammed-Karikaturen entschuldigt zu haben
„Wir haben uns nicht entschuldigt.“ Eine solche Schlagzeile kann wohl auch nur in die- sen Zeiten des Karikaturenstreits für spannend genug gehalten werden, Aufmacher der Online-Ausgabe einer Zeitung zu sein. Die dänische Zeitung Jyllands-Posten rückte sie am Sonntagabend ins Netz, nachdem Nachrichtenagenturen gemeldet hatten, das Blatt habe sich in ganzseitigen Annoncen in Zeitungen Saudi-Arabiens zu diesem Schritt entschlossen. Dummerweise wusste man in der dänischen Provinz davon aber nichts. Und fühlte sich offenbar von der Unterstellung, sich entschuldigt haben zu können, auch noch grob verunglimpft.
Nun veröffentlichten aber am Sonntag tatsächlich die drei auflagenstärksten Zeitungen Saudi-Arabiens sowie die in der gesamten arabischen Welt verbreitete Aschark al-Ausat Anzeigen mit einem von Jyllands-Posten-Chefredakteur Carsten Juste unterschriebenen Text zum Thema Mohammed-Karikaturen. Ein Faksimile der Erklärung, die dieser so auch in arabischen Schriftzeichen Ende Januar in seinem eigenen Blatt verbreitet hatte. Eine Entschuldigung für die Veröffentlichung der Karikaturen ist das allerdings nicht. Juste bittet lediglich um „Entschuldigung dafür, dass wir so viele Muslime gekränkt haben, was ja auf Grund der Reaktionen nicht verneint werden kann“. Das sei weder Absicht gewesen, noch hätte man es auch nur ahnen können. Dafür, dass man so ahnungslos gewesen sei, bitte man speziell um Entschuldigung.
Diese Feinheiten waren in der von der Nachrichtenagentur Reuters verbreiteten englischen Übersetzung irgendwie verloren gegangen. Aufregend waren die Annoncen in Saudi-Arabien eigentlich auch schon deshalb nicht, weil eine ähnliche Aktion bereits in mehreren ägyptischen Zeitungen gelaufen war.
Die interessante Frage ist: Wer schaltet eigentlich diese Anzeigen in offenbarer Absicht, die Wogen zu glätten? Laut dänischer Botschaft in Riad soll eine Initiative nicht namentlich genannter Firmen dahinter stecken, die der Verbraucherboykott schwer getroffen hat. Unwahrscheinlich ist das nicht. Hat der Molkereikonzern Arla doch gerade eine Medienkampagne angekündigt, um mit seinen Waren wieder in die Regale zu kommen. Einschließlich vorbehaltloser Karikaturen-Entschuldigung.
REINHARD WOLFF