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Archiv-Artikel

Walters Institut rasiert

Die Göttinger Uni halbiert ihre Parteienforschung. Der Politologie-Promi Franz Walter darf bleiben

BERLIN taz ■ Die Universität sendet Friedenssignale aus. Vor der entscheidenden Sitzung gestern hieß es, alle hätten sich bewegt. Der ursprüngliche Plan des Präsidiums der Göttinger Georgia-Augusta gelte nicht mehr, hieß es. Der bestand darin, die Parteienforscher abzuwickeln. Keine Sorge, lautet die neuerliche Botschaft, die Politikwissenschaft bleibt bestehen.

Der Beschluss des Universitätssenats fiel nicht mehr vor Redaktionsschluss, aber die Ingredienzen sind so, dass man schon zuvor verpetzen darf, was herausgekommen sein wird: Der Lehrstuhl des allseits geachteten wie gefürchteten Göttinger Politologen Franz Walter bleibt bestehen. Ein Zentrum für Parteienforschung freilich wird es nicht mehr geben, wiewohl von der Wissenschaftskommission des Landes Niedersachsen exzellent beurteilt. Und, das ist das Wichtigste, es bleibt ein bitterer Nachgeschmack, wie simpel und brutal die neue Hochschulautonomie sein kann.

Institute wie die der fünf Göttinger Politikwissenschaftler werden in den ach so bildungsbeflissenen Bundesländern tagtäglich abrasiert, ohne dass irgendjemand davon Notiz nähme. In Göttingen war das deswegen anders, weil dort drei eloquente Politologen zu Hause sind. Peter Lösche, Bassam Tibi und Franz Walter. Die muss nicht jeder mögen, aber sie weisen eine Publikumswirksamkeit und Schnellschlüssigkeit auf, die so selten ist in der wissenschaftlichen Gleichförmigkeit, dass sich Beobachter die Augen rieben: Warum ausgerechnet wird die scharfsinnige Göttinger Politikwissenschaft geopfert? So jedenfalls fragte es sich in einer beispiellosen Welle von Protesttexten das gesamte deutsche Feuilleton, in deren Verlauf sogar Franz Walter selbst in die Tasten hauen durfte – auch das dürfte beispiellos sein.

Was sind in Göttingen die Gründe und Abgründe? Dass es dem Wissenschaftsministerium kunstvoll gelungen ist, ein unabhängiges Pro-Göttingen-Gutachten in ein Parteienforschung-Plattmachen-Beschluss zu drehen. Und gleichzeitig dem Landesvater Niedersachsens, Christian Wulff (CDU), eine neue Parteienforschung in Osnabrück großzügig anfinanziert – bei der, Zufall oder nicht, sein einstiger juristischer Lehrer und heutiger Gutachter, Jörn Ipsen, Begünstigter ist. In Göttingen wird eine Verbindung zwischen der Abwicklung hie und der Aufwicklung da nicht gesehen. „In Göttingen wurde das nie gemeinsam diskutiert“, heißt es. Na dann. CHRISTIAN FÜLLER