: Schulleiter entscheidet einsam
LEICHENSCHAU Schulsenatorin verteidigt Direktor, der Bio-Kurs verbietet, „Körperwelten“ zu besuchen
Kunst, Wissenschaft und Forschung sind frei, steht im Grundgesetz. Die Lehre auch. Wie frei, bestimmt bei Letzterer in Bremer Schulen allerdings das Rektorat. Das geht aus der Senats-Antwort auf eine Frage zur Körperwelten-Ausstellung von Gunther von Hagens hervor, die derzeit in Bremen gastiert.
Anlass: Der Direktor eines städtischen Gymnasiums hatte ein Besuchsverbot verhängt – nachdem ein Bio-Lehrer mit seiner Klasse die verschiedenen Plastinierten hatte besichtigen wollen. Das liegt im Grunde nahe: Denn von Hagens zeigt seine Leichen hier mit dem Untertitel „Eine Herzensangelegenheit“ und fokussiert damit auf ein Sujet des Lehrplans: „Lunge, Herz, Blutkreislauf nennen“ und „ihre Lage im Körper darstellen“ zu können wird von GymnasialschülerInnen Ende der achten Klasse erwartet. Und die Lehrenden müssen dafür „Analogien zwischen dem Modell und dem Original herstellen“. Bloß wie, wenn der Direktor die Begegnung mit dem Original als „Verletzung der Menschenwürde“ untersagt?
Ob man da nicht Schul-Konferenz oder die Fachschaft einbeziehen sollte, hatte der Chef der Bürgerschafts-Grünen Matthias Güldner gefragt – und war von Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) über die Rechtslage aufgeklärt worden. In Kurzfassung: Vorgeschrieben ist das nicht. Und eine FachlehrerInnen-Befragung kennt das Schulverwaltungsgesetz nicht. Deshalb sei „die Entscheidung nicht zu kritisieren“ – ja, sie beweise, „dass wir die Eigenverantwortung Schule ernst nehmen“.
Wobei die dann auch „Eigenverantwortung Direktor“ heißen könnte: Dass nur ein einziger Schulleiter ein Verbot für nötig hält – vom Stadtamt unbeanstandet, dürfen Kinder ab 13 Jahren unbegleitet in die Ausstellung –, verleiht der Entscheidung einen Hauch von Willkür. „Lädt man so nicht zum Missbrauch ein?“, mahnte Güldner allgemeinere Maßstäbe an. Handlungsbedarf, den die Senatorin allerdings nicht sieht. BES