: Springer geht zügig voran
RUCH-ANALYSE Verlage verkaufen Zeitungen – denn sie brauchen viel Geld für ihre digitale Medienzukunft
Den vom Axel Springer Verlag angekündigten Verkauf von Traditionszeitungen und Zeitschriften kann man auch als ein Zeichen der Verzweiflung sehen, jetzt zu handeln und nicht abzuwarten. Die Strategen bei Springer sind wohl zu Recht der Meinung, dass das, was wir bisher als Zeitungskrise erlebt haben, immerhin verbunden mit einem Auflagenrückgang bei der Bild um 36 Prozent in zehn Jahren, nur Vorgeplänkel war. Der Niedergang des Gewerbes der gedruckten Zeitungen wird noch ganz andere Dimensionen annehmen.
Warum nicht die schon immer defizitäre Welt aufgegeben wurde, sondern gestandene regionale Tageszeitungen wie das Hamburger Abendblatt, lässt sich einfach beantworten. Für die Welt hätte man nichts bekommen, für die Traditionsmedien immerhin fast eine Milliarde. Das Geld wird man gut gebrauchen können für den nun kommenden Überlebenskampf der Marke Bild.
Angesichts der weiter zu erwarteten Umsatzeinbrüche bei Auflagen und Werbeeinnahmen und hoher Investitionen in die digitale Transformation schaut man auch in anderen Verlagshäusern genauer, wie lange denn das Geld noch reicht.
Bei der FAZ, im Eigentum einer Stiftung, „seien die Rücklagen beruhigend hoch“, so ihr Herausgeber Schirrmacher im Spiegel. Als FAZ-Leser hört man das gern. Ob das bei der Süddeutschen Zeitung ebenso der Fall ist? Erst 2008 wurde beim Süddeutschen Verlag die Mehrheit der Gesellschafteranteile von der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) übernommen, was dort die Bankverbindlichkeiten in der Bilanz um eine halbe Milliarde in die Höhe schießen ließ und heute immer noch zu hohen Zinslasten führt.
Die „Kapitalfrage“, also die Frage, wo die Mittel für den Transformationsprozess der Zeitungen ins digitale Zeitalter herkommen, wird immer mehr Bedeutung gewinnen. In den nächsten Jahren werden wir einen verschärften Konzentrationsprozess bei den Zeitungen erleben.
Bei der taz haben wir die Kapitalfrage nach dem Wegfall der Berlinförderungen vor gut 20 Jahren diskutiert. Wir haben uns gegen einen Investor und für eine Genossenschaft entschieden. Heute sichern bald 13.000 GenossInnen mit ihren Einlagen die taz. Wir konnten damals nicht ahnen, dass dieses Modell sehr gut ins Internetzeitalter passen würde.
■ Karl-Heinz Ruch, taz-Geschäftsführer, analysiert regelmäßig die Medienwirtschaft in der Krise