Ausländerbehörde im Unrecht

AUSLÄNDERRECHT Das Oberverwaltungsgericht nimmt einen Beschluss des Verwaltungsgerichts zurück: Die Stadt muss für ein Abschiebeverfahren zahlen

Ihren Mandantinnen bringt es nichts mehr. „Aber es hilft hoffentlich den nächsten.“

Christine Graebsch, Anwältin

Ein juristisches Nachspiel haben die Inhaftierungen und Abschiebungen der Nigerianerinnen, die bei Razzien im Februar in der Helenenstraße festgenommen wurden. So hat das Oberverwaltungsgericht jetzt die Stadt Bremen verurteilt, die Kosten für das Abschiebeverfahren im Fall von Jennifer I. zu tragen.

Ausländerbehörde und Amtsgericht hatten der 28-Jährigen zu Unrecht unterstellt, ihre Aufenthaltserlaubnis für Italien gefälscht zu haben (taz berichtete). Zudem hatte das Verwaltungsgericht entschieden, Jennifer I. könne genau so gut nach Nigeria abgeschoben werden, da „eine Klärung der aufenthaltsrechtlichen Situation nicht erforderlich“ sei. Daraufhin veranlasste die Ausländerbehörde eine Abschiebung nach Nigeria, der sich Jennifer I. erfolgreich widersetzte.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) gab nun Jennifer I.s Anwältin recht, die sich über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beschwert hatte, ihre Mandantin solle die Verfahrenskosten tragen. Die Stadt, genauer die Ausländerbehörde, habe rechtlich nicht korrekt gehandelt, so die Einschätzung des OVG. Schließlich habe die Behörde selbst angeordnet, dass die Frau nur dann nach Nigeria abgeschoben würde, wenn eine Ausreise nach Italien nicht möglich sei. Dafür habe es aber keine Anzeichen gegeben, sagt das OVG, Jennifer I. sei mittlerweile problemlos nach Italien zurück gekehrt. Die Verfahrenskosten müsse deshalb Bremen tragen.

Ihre Anwältin Christine Graebsch will auch in weiteren Fällen nachträglich für Gerechtigkeit sorgen und strebt Klagen vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gegen die Abschiebehaft an, in denen ihre zwölf Mandantinnen zum Teil wochenlang festsaßen. „Obwohl offensichtlich war, dass sie zurück nach Italien oder Spanien wollten“, sagt Graebsch. „Eine erwartete von ihrem italienischen Ehemann ein Kind, einige hatten bereits Rückflugtickets, eine Fluchtgefahr war einfach nicht gegeben“. Eine Klage ist beim BGH bereits eingegangen: Dabei geht es um eine Frau, der erst ihre 800 Euro weg genommen wurden, die sie bei sich trug. „Anschließend hieß es, sie sei mittellos, deshalb müsse man sie in Haft nehmen“, berichtet Graebsch. Sollte sie vor dem BGH erfolgreich sein, würde das den Frauen, die bis auf wenige Ausnahmen fast alle wieder zu Hause sind, zwar nichts mehr nützen, sagt Graebsch. „Aber es hilft hoffentlich den nächsten.“

Die Anwältin ist überzeugt, dass ihren Mandantinnen gefälschte Papiere unterstellt und sie in Abschiebehaft genommen wurden, weil sie hier illegal als Prostituierte gearbeitet hatten. „Nach dem Motto ‚denen traut man alles zu‘ “. Als einzige Bremer Partei hatte Die Linke die Ungereimtheiten kritisiert, die die Razzia begleitet hatten. Die Polizei hatte behauptet, diese habe „Opfern von Zwangsprostitution“ helfen sollen. Die angeblichen Opfer landeten allerdings direkt im Polizeigewahrsam. EIB