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Archiv-Artikel

Not kennt keine Sommerpause

OBDACHLOSE Neues Stadtmission-Projekt soll Kältebus ergänzen: Die „Sommerhilfe“ ist ab jetzt unterwegs

„Wir wollen uns mehr Zeit für den Einzelnen nehmen“

DIETER PUHL, STADTMISSION

Warum es einen Kältebus gibt, der in frostigen Winternächten Obdachlose einsammelt und sie zu einem warmen Schlafplatz bringt, leuchtet angesichts der Härte des vergangenen Winters ein. Seit bereits 15 Jahren rollt der Bus der Berliner Stadtmission jeweils vom 1. November bis zum 31. März durch die Straßen der Stadt. In den übrigen Monaten des Jahres sind die Obdachlosen aber auf sich allein gestellt. Dabei sind auch Sommernächte im Freien nicht immer lau und romantisch, sondern nasskalt und gefährlich. Ein neues Projekt der Stadtmission soll diese Lücke schließen und wohnungslose Menschen auch in der anderen Jahreshälfte unterstützen.

Die „mobile Sommerhilfe“ funktioniert ähnlich wie der Kältebus: Von Anfang April bis Ende Oktober ist Artur Darga immer sonntags bis donnerstags zwischen 18 und 24 Uhr mit einem Kleinbus unterwegs. Gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Beifahrer und seiner Golden-Retriever-Hündin Tikwa sucht er wohnungslose Menschen im Freien auf, berät, tröstet und vermittelt Hilfe.

Für Projektleiter Dieter Puhl ist der ganzjährige Einsatz des Teams längst überfällig. Oft sei die Betreuung der Menschen abrupt beendet worden – dabei dauere es meist sehr lange, bis die Menschen Vertrauen fassen und sich helfen lassen. „Wenn wir sie dann nach der Pause wiedergesehen haben, waren sie häufig noch mehr verwahrlost“, erklärt Puhl. Einige seien sogar in der Zwischenzeit verstorben. Viele Wohnungslose seien abhängig von Suchtmitteln, psychisch krank und ohne Hoffnung auf ein besseres Leben. „Man muss sehr hartnäckig sein und immer wiederkommen“, berichtet Puhl. „Die Sommerhilfe soll sich mehr Zeit für den Einzelnen nehmen.“

Artur Darga, Fahrer der mobilen Sommerhilfe, hat einen besonderen Draht zu Obdachlosen. Er steuerte bereits im vergangenen Winter den Kältebus, kennt aber auch die andere Seite: Darga war heroinsüchtig und lebte drei Jahre auf der Straße, weiß nicht nur um die Verstecke, sondern auch Ängste und Schicksale der Menschen. In seinem Kleinbus hat er immer Lebensmittel und warme Kleidung als Soforthilfe. Darüber hinaus kann er den Obdachlosen eine Übernachtung in einer Notunterkunft verschaffen oder Kontakt zu einer Beratungsstelle. Manchmal ist das bereits der erste Schritt zurück ins sesshafte Leben.

Die Idee einer ganzjährigen mobilen Obdachlosenhilfe ist nicht neu, bisher scheiterte eine Realisierung am Geld. Die Kosten von etwa 27.000 Euro pro Saison sollen nun über Spenden finanziert werden. MAREIKE MÜLLER

■ Besorgte Bürger, die einen hilflosen obdachlosen Menschen antreffen, können sich unter (01 78) 5 23 58 38 an das Team der Berliner Stadtmission wenden