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Archiv-Artikel

Thais lieben „No Vote“ mehr als Thaksin

Nach der Parlamentswahl in Thailand am Sonntag zeichnet sich starker Wählerprotest gegen Premierminister Thaksin Shinawatra ab. Vor allem die Bangkoker Bürger sowie die Einwohner der Südprovinzen entschieden mehrheitlich gegen ihn

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Dem Protestaufruf der Opposition waren zahlreiche Wähler gefolgt. Nach vorläufigen Auszählungen von gestern erhielt die Regierungspartei „Thai Rak Thai“ (Thais lieben Thais) von Premierminister Thaksin Shinawatra in 28 von 36 Wahlbezirken der Hauptstadt Bangkok weniger Stimmen als die Protestwähler, die auf dem Wahlzettel das Feld „Keine Stimme“ ankreuzten. Diese Option wird nach thailändischem Wahlrecht als gültige Stimmabgabe gewertet. Der prozentuale Anteil der Protestwähler stand mit 50,1 Prozent gegen das Votum von 45,9 Prozent für die „Thai Rak Thai“ (TRT).

Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Südprovinzen, von denen drei hauptsächlich von thailändischen Muslimen bewohnt werden. In mehr als einem Dutzend der südlichen Provinzen, die traditionell Hochburgen der oppositionellen Demokratischen Partei sind, entschied sich die Mehrheit der Wähler für die Möglichkeit „Vote for no vote“ und damit gegen die Politik von Premier Thaksin Shinawatra.

Dieser rief die Nation eindringlich zur „nationalen Versöhnung“ auf. Zum offiziellen Wahlsieger mochte sich Thaksin noch nicht erklären. Doch seine Partei habe mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommen, betonte er gestern Abend. Allerdings räumte ein Sprecher der TRT ein, dass die Partei von der hohen Anzahl an Protestwählern „überrascht“ sei. „Solch eine Situation hat es in Thailand noch nicht gegeben“, erklärte einer der Wahlhelfer am Sonntag gegenüber der taz. Und fügte hinzu: „Diese Wahl ist ganz klar dazu da, eine Verfassungsänderung durchzusetzen und dann weitere Neuwahlen anzustreben.“

Die „Thai Rak Thai“ konnte jedoch ihre Mehrheit in ihren politischen Hochburgen, dem Norden und verarmten Nordosten Thailands verteidigen. Ob das allerdings ausreichen wird, ist zweifelhaft. Denn aufgrund des Wahlboykotts durch die größeren Oppositionsparteien dürfte ein Teil der 500 für eine handlungsfähige Regierung erforderlichen Parlamentsmandate unbesetzt bleiben. In 276 von insgesamt 400 Wahlbezirken waren die TRT-Repräsentanten ohne Gegenkandidaten gewesen. Nach Angaben der Wahlkommission steht jetzt schon fest, dass es in mindestens 38 Wahlkreisen Nachwahlen geben wird.

In Bangkok kursierten indes Rücktrittsgerüchte um den politisch angeschlagenen Premier. Nach thailändischen Medienberichten hieß es, Thaksin erwäge, die Regierungsgeschäfte an seinen Stellvertreter und Handelsminister Somkid Jatusripitak zu übergeben. Falls der für seinen populistischen Führungsstil bekannte 56-jährige Exunternehmer an seinem Spitzenamt festhalten solle, droht eine monatelange politische Blockade. Thaksins Gegner, allen voran die Volksallianz für Demokratie, hatten vorsorglich angekündigt, mit ihren Protesten auch nach der Wahl fortfahren zu wollen. Angeführt wird die Protestbewegung von so schillernden Figuren wie dem Medienmogul Sondhi Limthongkul und Exgeneralmajor Chamlong Srimuang, der den Premier gestern als „politisch bankrott“ bezeichnete.

Nach Massendemonstrationen gegen seine Amtsführung hatte Thaksin am 24. Februar das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. Die Kritiker werfen ihm Korruption und Machtmissbrauch vor. Die Proteste hatten sich daran entzündet, dass Thaksins Familie den von ihr kontrollierten Anteil des Telekommunikationskonzern Shin Corp an eine Investmentgesellschaft in Singapur verkauft hatte. Für den Deal von umgerechnet 1,6 Milliarden Euro musste der Clan des Premiers keine Steuern zahlen.

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