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Archiv-Artikel

Ein bisschen stolz

ISLAND Reykjavíks Flughafen ist weiterhin geöffnet. Wie lange der Vulkan aktiv sein wird, weiß niemand

REYKJAVÍK taz | Es brodelt derzeit heftig auf Island. Seit Anfang dieser Woche der Untersuchungsbericht zur Bankenkrise vorgestellt wurde, der detailliert die Vergehen führender Politiker auflistet, kocht die Volksseele ob dieser Schamlosigkeit und Inkompetenz. Jetzt legt auch noch der Vulkangletscher Eyjafjalla mit dem zweiten, weitaus heftigeren Ausbruch binnen vier Wochen nach.

Kilometerhohe Wolkenberge, riesige Flutwellen und Häuser schwarz von Asche – mit Bildern wie diesen wird in Hollywoodfilmen gerne das Ende der Welt eingeleitet, und viel mehr als solche Fernsehbilder bekommen die meisten Isländer auch gar nicht mit vom Vulkanausbruch im Süden der Atlantikinsel. Die Hauptstadt Reykjavík, in deren Umkreis die Hälfte der Isländer leben, liegt 120 Kilometer westlich, die Aschewolken treiben gen Osten und Süden.

Hauptgesprächsthema ist der Vulkanausbruch trotzdem. Die Isländer sind ein bisschen stolz, dass ihr Land wieder die Nachrichten bestimmt – aber diesmal mit einem Thema, für das die Natur und nicht die Menschen verantwortlich sind. Die Schadenfreude können sie sich kaum verkneifen, dass es Großbritannien getroffen hat. Mit den Briten liegen die Isländer im Clinch, die britische Regierung fordert milliardenhohe Rückzahlungen von Island wegen der Pleite der isländischen Icesave-Bank.

Geschmunzelt wird auch darüber, dass halb Europa die Flughäfen sperrt, auf Islands internationalem Flughafen Keflavík nahe Reykjavík dagegen zwar Tausende gestrandet sind, die nach Großbritannien wollten, die Flüge in die USA dagegen wie geplant starten.

Islands Geologen halten sich mit Aussagen zurück, wie lange der Vulkan aktiv sein könnte. Beim letzten Ausbruch 1821 brodelte er zwei Jahre lang. Sie fürchten, dass er, wie damals, Islands aktivsten Vulkan Katla im Myrdals-Gletscher wecken könnte, dessen Ausbruch weitaus verheerendere Folgen für die Bevölkerung haben könnte als der Ascheregen nun, der die Luft in der Gegend um den Gletscher so verdunkelt, dass die Anwohner ihre Hand nicht vor Augen sehen können. DANIELA ZINSER