Stadtteil-Tuning : Szene auf Geheiß
Die Bauausstellung in Wilhelmsburg ist das Experiment einer Gentrifizierung von oben. Zwar gehört es zum Stoffwechsel einer Großstadt, dass Besserverdienende heruntergekommene Stadtviertel allmählich übernehmen und die ansässige arme Bevölkerung verdrängen. Dass die Stadtverwaltung ein Quartier zum In-Viertel zu erklären versucht, ist neu.
Kommentarvon Gernot Knödler
Hannover-Linden, das „Viertel“ in Bremen, die Schanze in Hamburg – in all diesen Quartieren haben sich Künstler und Studenten billige Wohnungen und Läden unter den Nagel gerissen. Sie leiteten damit eine Aufwertung ein, die von den Kommunen mit Sanierungsprogrammen bloß begleitet wurde.
Zwar hat Wilhelmsburg ein Gesicht und sehr aktive Bürgerinitiativen. Ein Szenestadtteil ist die Elbinsel aber nicht. Der Senat versucht, sie dazu zu machen, indem er Studenten billige Wohnungen anbietet und das Wohnen auf Hausbooten erleichtert. Und die Grünen schlagen vor, alte Speicher an Künstler zu vermieten.
Ein auf diese Weise angestoßener Wandel könnte gelingen, weil Wilhelmsburg mit seinen Kanälen, seinen verwaisten Bahn- und Industriearealen, seiner Natur sowie seiner Nähe zur Innenstadt attraktiv ist. Die Kunst wird darin bestehen, eine natürliche Entwicklung mit Zwischennutzungen, Übergangslösungen und kreativer Bestandserneuerung zu simulieren. Beim Neubau sollten die bestehende Quartiere verdichtet werden.
Ein Ausläppern von Siedlungen in die Wiesen wäre schädlich.