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Archiv-Artikel

In Dankedankeland

Ein Wochenende im A-Rosa-Luxusresort: Im Thermalkurort Bad Saarow am Scharmützelsee findet vieles zusammen:Golf und Wellness, Ostcharme und Westprotz, märkischer Sand und markige Musik

von BERND MÜLLENDER

„Bestes Golf- und Wellness-Resort Deutschlands“ nennt sich die 5-Sterne-Herberge, die sich 1997 ans Seeufer des Scharmützelsees gekuschelt hat. „Danke, bitte. Danke, bitte … Wenn Sie nur hier noch kurz … Dankeschön. Ja, bitte, gerne.“ Schon das Einchecken gleicht einem Höflichkeitsüberfall. In Foyer und Lounge – überall fröhliche Gesichter, in echt, vom Plakat, in den Hausbroschüren. „Danke, dass Sie hier nicht rauchen“, bewillkommnet einen ein Schild im schicken Zimmer. „Danke für Ihr Verständnis“, steht woanders. Hausmarke Smiling World.

Rekordverdächtige 155 Millionen Euro hat diese Kunstwelt in der Mark Brandenburg gekostet – inklusive Yachthafen, Tennisakademie, Schockemöhle Reitstall (mit Reithalle, drei Dressurplätzen und Springgeläuf), Heliport für den eiligen Gast, Hotelterrain und Apartmentblock. Die drei Golfplätze auf fast 300 Hektar sind wie mit der Nagelschere gepflegt. Einzig die Postadresse wollte anfangs nicht recht passen: Friedrich-Engels-Damm. Mittlerweile reist in die Parkallee 1, wer das A-Rosa fünf Kilometer seeabwärts von Bad Saarow besucht.

A-Rosa ist schon der vierte Betreiber in acht Jahren und baute die Wellnesswelt 2004 auf 4.200 Quadratmeter aus, das entspricht einem Dreiviertelfußballplatz. Das Angebot in Stichworten: Ayurveda, Schwitztherapie, Yoga, Shiatsu, Thai- und Hotstone-Massagen, Beauty-Behandlung, Aqua Golf, Fitness-Maschinenpark, Schwimmbäder und ein weitläufiger Saunenbereich mit Eisgrotte. Wem öffentliche Nackigkeit zu intim ist, kann eine Privatsauna mieten.

Der Internetdienst pferdreiter-exklusiv.de meldet: „Sogar Schwimmen mit den Pferden im See ist hier möglich.“ Was wir zumindest an unserem Wochenende nicht beobachten konnten. Sicher ist: Zum Körpercheck steht ein eigener Arzt für „Gesundheitscoaching“ bereit – mit Sportdiagnostik, Spiro-Ergonometrie und Age Scans.

Die Behandlerinnen im Bereich Beauty und Well-Ergehen sind hausgemäß zuvorkommend und kompetent. Bitte schön, danke schön: Ein ästhetisch-luxuriöser Genuss ist zum Beispiel das Kräuter-Milch-Öl-Bad in wohlgeformter Wanne zwischen rosa Riesen-Rosen – mit Kopfmassage, Entspannungstee und anschließendem Ganzkörper-Mandelmilch-Peeling. Das kostet allerdings gutes Geld, mal 75 Euro, mal 110. Kleinere Wellness-Angebote sind im Übernachtungspreis abgegolten: Kennenlernausflüge im Nordic Walking in den Kiefernwald, Fitnesskurse und Aquagymnastik. Schwimmen im See mit hoteleigenem Feinsandstrand ist genauso gratis wie immerhin auch die Schnupperstunde für Nochnichtgolfer: Auf der Übungswiese prügelt ein Ehepaar aus Norddeutschland, beide jenseits der 70. Sie haben sich, wohl um die Erbmasse zu deckeln, gleich für ein paar Wochen einquartiert. „Es lebt sich angenehm hier“, sagt sie.

Der angegliederte „Sporting Club Berlin“ ist Golfheimat vieler Sportgrößen: Schalke-Torwart Frank Rost ist hier Mitglied (gutes Handicap 15,4) und sieht sich an diesem Nachmittag auf der sonnendurchfluteten Clubhausterrasse gerade einer leidenschaftlichen Männerdiskusssion über eine neue Abseitsinterpretation ausgesetzt. Ansonsten golfen hier Zehnkampfheroen wie Christian Schenk und Siggi Wentz, Starschwimmerin Franzi von Almsick und Handballer Stefan Kretschmar. Bis vor kurzem taten sie es gemeinsam; turtelnd, berichtet jemand.

Die Freundlichkeit des Personals muss man aushalten können. Viele der Gäste machen den Eindruck, als glaubten sie der Illusion, alle Angestellten hätten nur auf sie persönlich gewartet; manche Besucher scheinen das sogar zu erwarten. Aber wehe, irgendetwas funktioniert nicht – Maserati-Fahrer und Phaeton-Beifahrerinnen können wunderbar blasiert schimpfen.

Am Abend verabschiedet sich die Sonne gülden, der Scharmützelsee plätschert sich still in den Schlaf. Am Seglersteg des Yachthafens lauscht eine gereifte Dame euphorisiert den Wohlklängen: „Ach, das sind noch Rhythmen, herrlich, wunderbar! Nicht wie diese moderne Musik heute.“ Eben hat sie die „Dresdner-Bank-Open“ heruntergegolft, jetzt spielt eine wahrhaft biedere Dixielandband auf zum rustikalen Grillbüfett.

Die Grünlandschaften von Bad Saarow gelten zu Recht als herausragend schön, aber auch als ausnehmend schwer, vor allem bei Wind, und der weht hier offenbar immer. Im Sommer säumen Wiesenblumenteppiche von Zitronengelb über alle Orange-Rot-Töne bis ins Tiefviolette die Spielbahnen. Wenn es nicht blüht, herrscht wogende Sinfonie in Beige und Braun. Auch im Winter sind die Plätze geöffnet, A-Rosa wirbt mit Bildern von Eislandschaften. Wer leicht fröstelt, kann auf beheizte Abschlagplätze ausweichen.

Abends geben „Die Herren“, ein Quintett schöner Stimmen, Hits aus den 20er-Jahren, aus einer Zeit also, als sich die Eltern der Dixiedame vom Bootssteg vermutlich gerade kennen lernten. Evergreens am Grünrand von Bahn 18 – die Besucher sind hingerissen. Die Terrasse des Golfclubs ist übrigens ebenso öffentlich wie die Saunawelt auch (gegen Tageskartenentgelt), nicht aber der Restaurantbereich vor den lokalen Wanderwegen. „Danke für Ihr Verständnis“, steht da, „dass die Terrasse unseren Hotelgästen vorbehalten ist.“

Auch Bad Saarow selbst, das „staatlich anerkannte Thermalsole- und Moorheilbad“, setzt mit seinem eigenen großen Thermalbad auf die Trümpfe Entspannung und Gesundheit. Der Ferienort, einst Heimat der Boxlegende Max Schmeling, „Bad der Werktätigen“ zu DDR-Zeiten und beliebter Kurort der SED-Erichs (Mielke, Honecker), wirbt heute mit dem schönen Slogan „Entdecke dich selbst“. Im eng bewaldeten Ort, wo der märkische Sand mächtige Kiefern wachsen lässt, Eichen und schwere Kastanien, glaubt man vor lauter alten Parkanlagen, zahllosen Herrenhäusern, Villenkolonien mit Jugendstilfassaden eine Zeitreise ins Vorgestern zu machen. Das architektonische Gestern, die schmuckfreien DDR-Bauten in sozialistischem Grau, ist mittlerweile längst bunt überpinselt.

Für die Rückfahrt aus Dankedankeland wählen wir Bus und Bahn. Ja, das abgelegene A-Rosa-Idyll hat tatsächlich einen eigenen Bushalt, eine Banalität, auf die einen vorher niemand im Hotel aufmerksam gemacht hat. Der Busfahrer staunt: Nein, Hotelgäste und dann auch noch welche mit Golfgepäck habe er „wirklich nur ganz selten“. Die Linie führt über den verbliebenen Teil des Friedrich-Engels-Damms, über den Karl-Marx-Damm und die Thälmannstraße mit Halt an der Maxim-Gorki-Schule. August Bebel begleitet uns als Straße bis Fürstenwalde.

Es wartet der Regionalexpress nach Berlin. „Die Fahr-aus-wei-säh!“, bellt ein Hauptstadtschaffner. Danke, dass wir sie vorzeigen dürfen.

Gästeinfos Bad Saarow: www.bad-saarow.de, Tel. 033631-8680. A-Rosa Resort: Parkallee 1, 15526 Bad Saarow. www.a-rosa.de, 033631-60, Preis: ab 89 Euro pP, Übernachtung, Frühstück, Kuchenbüfett, Dinner im DZ.