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Archiv-Artikel

Sieger im epischen Urkampf

Beim FC Barcelona spricht man nach einer überaus gelungenen Saison, die mit dem Gewinn des Finales der Champions League vollendet wurde, vom Aufbruch in eine neue Epoche. Dabei gibt man sich menschlich, aber nicht galaktisch

PARIS taz ■ Parfüm gibt es heutzutage mit der Duftrichtung „leidenschaftlich“, Deodorants riechen nach „purer Emotion mit Aprikosengeschmack“. Der Europapokal hatte nun die Geruchsrichtung herb-triumphal angenommen. Früher hätte man gesagt: Er müffelte ein wenig. Die letzten Champagnerperlen glänzten noch in seinem Inneren und hinterließen den Geruch von abgestandenem Alkohol, fettige Fingerabdrücke prangten auf der eingravierten Siegerliste. Und was machst du nun damit, Juliano Belletti? Juliano Belletti sah den Europapokal feurig-treu an und sagte: „Ach. Ich streichle ihn ein wenig.“

Der Europapokal ist jetzt in den richtigen Händen, wer konnte daran in der Nacht auf Donnerstag in den Gängen des Pariser Stade de France noch zweifeln? Diese Mannschaft hat bewiesen, was viele schon bezweifelten: dass Fußball anmutig, abenteuerlich, atemberaubend und trotzdem erfolgreich sein kann. Jede herausragende Elf wird sich in Zukunft daran messen lassen müssen.

Wie ein Flash zog während des Finales die Geschichte Barças vorbei. Ein einziges Mal, 1992, gewannen sie den Europacup. Ein Klub von dieser Grandezza, 140.000 Mitglieder, verlor die Europacup-Endspiele regelmäßig, 1960, 1986, 1994 – der Gedanke ließ sich nicht verhindern: Barça, Klub des ewig grausamen Scheiterns. War es wieder so weit? Das Spiel als Vergleich zweier strategisch und technisch immenser Teams war in Paris durch den Platzverweis von Arsenals Torwart Jens Lehmann nach 20 Minuten dahin, spätestens nach der Londoner Führung durch Sol Campbell war es nur noch der banale und doch jedes Mal wieder epische Urkampf des Fußballs: Arsenal, alle Mann bis auf Stürmer Thierry Henry um den eigenen Strafraum, versuchte zu überleben. Barça, den Ball immer wieder auf die Flügel, um den Gegner totzulaufen, machte vieles richtig, ohne zu glänzen. Es brauchte den einen Moment, der alles verändert. Die flehenden Blicke richteten sich auf Ronaldinho, Deco, Eto’o. Dabei hat man ihn schon oft übersehen: Henrik Larsson.

Er war es, der schon die Richtung des Achtelfinales in Chelsea veränderte, gegen Barças schwierigsten Rivalen. Mit seinen Läufen, mit seinen kleinen Pässen zerriss er die Abwehrordnung. Er wiederholte es in Paris, er gab den Ball zu Eto’os und Bellettis späten Toren, in seinem letzten Spiel für Barcelona. Henrik Larsson geht mit 34 nach Hause nach Helsingborg, obwohl er noch in jeder Elf der Welt spielen könnte. Aber sein Sohn soll endlich in der Heimat groß werden. Henrik Larsson stand nach dem Schlusspfiff allein vor dem singenden Berg der Fans, es schien endlich die verdiente Würdigung. Aber dann war es wieder nur Zufall. „Ich dachte, wir gehen alle dahin, ich habe zu spät bemerkt, dass die Mitspieler gar nicht hinter mir waren.“

Es sah nicht nach einem Ende, sondern nach Aufbruch aus, als Belletti frisch verliebt den Pokal aus dem Stadion trug. „Diese Elf hat Zukunft“, sagte Kapitän Carles Puyol. Der FC Barcelona redet gerne von Epochen, die man prägen will, Anschauungen, für die man steht. Tatsächlich steht Barça heute für Einmaligkeit, von der Mannschaft, die zur Hälfte aus Spielern aus den eigenen Jugendteams bestückt ist, bis zur Vereinspolitik. Statt für eine Firma werde man auf der bislang blütenreinen Trikotbrust in Zukunft für humanitäre Zwecke werben, sagte Präsident Joan Laporta. „Wir wollen menschlich sein, nicht galaktisch.“

RONALD RENG