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Archiv-Artikel

Abgeschobene Familie nimmt neuen Anlauf

RÜCKKEHR Roma-Familie Meta ist nach ihrer Abschiebung wieder zurück im Landkreis Cuxhaven – und hofft jetzt auf Asyl. Der Flüchtlingsrat fordert einen Abschiebestopp für Roma ins Kosovo

Von REA

Mitten in der Nacht klingelt es an der Tür eines Reihenhauses in Otterndorf im Landkreis Cuxhaven. Verschlafen öffnet ein Familienmitglied die Tür. Polizeibeamte kommen ins Haus, die kleineren der insgesamt sechs Kinder der Familie Meta weinen. Die älteste Tochter versucht ihre Lehrerin anzurufen, ein Polizist nimmt ihr das Telefon weg. Dann geht es in zwei Polizeiwagen auf direktem Weg zum Flughafen. Die Familie wird ins Kosovo abgeschoben.

So beschreibt Hermann Kleist, ein Unterstützer der Familie, die Nacht auf den 7. Dezember 2011. Trotz großer Proteste der Otterndorfer erklärte das Verwaltungsgericht Stade die Abschiebung im vergangenen Jahr für rechtmäßig. Nun sind die Eltern mit den vier jüngsten Kindern (zehn bis 17 Jahre) wieder in den Landkreis Cuxhaven zurückgekehrt – und haben einen Asylfolgeantrag gestellt. Die in Deutschland integrierte Familie sei „im Kosovo diskriminiert worden“, begründet Kleist deren Rückkehr. „Als Roma hatten sie dort keine Perspektive.“

Auch der niedersächsische Flüchtlingsrat spricht sich gegen Abschiebungen von Roma ins Kosovo aus. „Während des Kosovo-Krieges und vor allem im Anschluss daran kam es zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Roma“, heißt es in einer Erklärung der Organisation. „Die Lebensverhältnisse sind auch heute äußerst prekär“, bestätigt Sprecher Sigmar Walbrecht. Roma seien zu fast 100 Prozent arbeitslos und lebten oft in Slums ohne Wasser und Strom. „Aus humanitären Gründen“ sollte auf die Abschiebungen verzichtet werden, sagt Walbrecht und fordert von Innenminister Boris Pistorius (SPD) eine „gruppenbezogene Bleiberechtsregelung für Roma“.

Ein Vorschlag, der gut in den angekündigten „Paradigmenwechsel in der Abschiebepolitik“ der niedersächsischen Landesregierung passen könnte. Dazu hat sich das Innenministerium gestern jedoch nicht geäußert.

Bundesweit erhielten in diesem Jahr nur 1,6 Prozent der Asylbewerber aus dem Kosovo einen Aufenthaltsstatus. Der Fall Meta wird noch geprüft. Die Anwältin der Familie, Sigrid Töpfer, kündigte aber schon jetzt an: „Wir gehen durch die Instanzen.“  REA