: Der Aufstand geht weiter
THAILAND Premierministerin Yingluck Shinawatra hat die Auflösung des Parlaments sowie Neuwahlen angekündigt. Ihre politischen Gegner lassen sich davon nicht beeindrucken
SUTHEP THAUGSUBAN
AUS BANGKOK NICOLA GLASS
Der Protestführer Suthep Thaugsuban triumphiert: „Wir sollten stolz sein, denn es ist das erste Mal, dass das Volk unser Land von einer korrupten Regierung zurückerobert hat.“ Am Montagmorgen verbreitete sich die Nachricht, dass Premierministerin Yingluck Shinawatra das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen will.
Yingluck erklärte, sie habe „mit verschiedenen Parteien“ beraten und dann entschieden, bei König Bhumibol Adulyadej die Auflösung des Parlaments zu beantragen. Die Neuwahlen finden voraussichtlich Anfang Februar statt. „Die Regierung ist gegen den Verlust von Menschenleben“, so Yingluck. Bei immer gewalttätigeren Protesten waren mindestens fünf Menschen getötet und Hunderte verletzt worden.
Die Ankündigung hinderte die Demonstranten nicht daran, erneut auf die Straßen zu gehen: In dem Regierungsviertel und der Umgebung gab es kein Durchkommen. Während die Demonstranten zum Regierungssitz vordrangen, riefen sie immer wieder: „Yingluck, hau ab.“ Und sie meinen damit keine Abstimmung an den Wahlurnen: Vielmehr geht es ihnen darum, was Wortführer Suthep Thaugsuban seit Wochen erklärt: „Wir protestieren so lange, bis das gesamte Thaksin-Regime ausgemerzt ist!“ In ihren Augen ist Premierministerin Yingluck nichts anderes als die Marionette ihres Bruders, des 2006 vom Militär gestürzten damaligen Regierungschefs Thaksin Shinawatra.
Neuwahlen seien keine Lösung, sagt eine der Demonstrantinnen. Denn sie wissen nur zu genau, dass das Thaksin-treue Lager Wahlen erneut gewinnen würde. Eine andere Demonstrantin denkt ähnlich: „Nur weil die Regierung immer wieder betont, sie sei von der Mehrheit des Volkes gewählt, hat sie längst nicht das Recht, zu tun und zu lassen, was sie will.“ Damit spielt sie auf das umstrittene, mittlerweile auf Eis gelegte Amnestiegesetz an, das die regierende Partei Puea Thai durchs Parlament gedrückt hatte und das Thaksin die Rückkehr aus dem Exil ermöglicht hätte. Zudem sei die Regierung nur durch Stimmenkauf im armen Norden und Nordosten an die Macht gelangt. Beweise dafür aber haben die Demonstranten nicht.
Zuvor hatte die oppositionelle Demokratische Partei (DP), die bei den Protesten massiv mitmischt, am Sonntag versucht, den Druck auf Yingluck zu erhöhen. So kündigte die DP an, dass ihre Abgeordnete aus Protest ihre Parlamentssitze aufgeben. Gleichzeitig verlangten mehrere Oppositionsangehörige, dass die Regierung nicht einmal mehr ihre Geschäfte als Übergangsregierung wahrnehmen dürfe, wie es die Verfassung vorschreibt.
Vorerst blieb unklar, ob sich die DP an Neuwahlen beteiligen wird. Denn der größten Oppositionspartei, die seit 21 Jahren keine Wahlen mehr gewonnen hat, ist sehr wohl bewusst, dass sie bei Wahlen stets dem Thaksin-Lager unterliegen dürfte. Suthep Thaugsuban macht längst klar, wie er sich die Zukunft vorstellt: Ein nicht gewählter „Rat des Volkes“ soll für einen ungenannten Zeitraum Thailands Geschicke leiten. Kritiker meinen dagegen, das Land brauche mehr Demokratie und nicht weniger.
Das deutsche Auswärtige Amt fordert Touristen weiter auf, Menschenansammlungen in Bangkoks Innenstadt zu meiden. Die Flughafenverwaltung empfahl am Montag, wegen der Demos mehr Zeit für die Wege zu den Airports einzuplanen.
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