: Ein kostenloser Kristall für Celle
Die Stadt Celle bekommt ein neues Kunstmuseum – und zahlt keinen Cent dafür. Denn als Gegenleistung für die 2,1 Millionen Euro der EU stellt sie lediglich die Räume. Die hat der künstlerische Leiter, Robert Simon, als 24-Stunden-Museum konzipiert, das nachts mit Lichtkunst aufwartet
Am Schlossplatz in Celle warten Passanten auf ihren Bus. Von der Haltestelle aus haben sie einen hervorragenden Blick auf das nagelneue Foyer des Kunstmuseums: ein weißer Glaswürfel, zehn Meter breit und zehn Meter hoch ragt er zwischen dem alten Bomann-Museum, dem Oberlandesgericht und dem Renaissanceschloss hervor. „Für so einen hypermodernen Quatsch haben sie Geld“, grantelt ein Rentner und meint damit die Stadt Celle. Doch der Mann irrt! Nicht einen Cent hat die Kommune für das Kunstmuseum aufgebracht.
Der künstlerische Leiter des „ersten 24-Stunden-Kunstmuseums der Welt“, Robert Simon, steht derweil im Inneren des Baus und bespricht mit den Handwerkern die letzten Arbeiten. Das Haus ist in den vergangenen Monaten komplett umgebaut worden. Aus einem lichtdurchfluteten verglasten Stahlgerüst wurde ein Haus mit glatten, weißen Wänden, minimalem Lichteinfall und professioneller Klimatisierung. Eine dritte Etage ist dazugekommen, so dass sich die Ausstellungsfläche auf 1000 Quadratmeter verdoppelt hat.
2,2 Millionen Euro haben die Umbauten und das neue Glasfoyer gekostet. 100.000 Euro hat die Celler Sparkasse gegeben, die übrigen 2,1 Millionen aber hat komplett die Europäische Union übernommen. „Das Geld haben wir nur durch einen Trick bekommen“, sagt Museumsmacher Simon. Ein triumphierendes Grinsen kann er sich dabei nicht verkneifen. Denn eigentlich gibt es Geld von der EU nur dann, wenn die geförderten Projekte gegenfinanziert werden. Ihren Anteil hat die Kommune aber nur auf dem Papier erbracht.
Bauherrin des Museums ist die „Kunststiftung Celle“, die von der Stadt selbst ins Leben gerufen wurde. „Als Kommune stellen wir der Stiftung die Räume des Kunstmuseums für eine Nutzungszeit von 30 Jahren zur Verfügung“, sagt Susanne McDowell, Leiterin des Fachbereichs Kultur bei der Stadt Celle. Das entspreche einem Gegenwert von 2,1 Millionen Euro. Der angespannte Haushalt der Kommune werde so nicht belastet.
Dass Kunst in Celle nicht viel kostet, hat Tradition. Seit Anfang der 90er Jahre betreibt Robert Simon als künstlerischer Leiter das Haus am Schlossplatz. Hier kann der Gallerist aus Hannover die Kunstwerke seiner Sammlung zeigen, aber auch Künstlern mit Sonderausstellungen ein Forum bieten. „Dabei ist der Kunstbestand des Celler Museums weder Launen noch persönlichen Abhängigkeiten unterlegen“, betont Susanne McDowell. Denn die Kunststiftung Celle sei mit einem Vertrag abgesichert. „Anders als viele andere Sammler kann Herr Simon seine Kunstwerke nicht einfach verkaufen, wenn es ihm in den Sinn kommt“, so McDowell.
Dem Kunstenthusiasten Robert Simon geht es offenbar wirklich um anderes: Mit seinem Konzept des „ersten 24-Stunden-Kunst-Museums der Welt“ hat er sich und der Stadt Celle überregional Aufmerksamkeit verschafft. „Wenn das Kunstmuseum abends geschlossen wird, können die Besucher von außen internationale Lichtkunst erleben“, schwärmt der Museumsmacher: Kunst rund um die Uhr ohne zusätzliche Personalkosten. Künftig werde auch der neue Foyer-Bau abends hell erstrahlen. Dass der „Kristall“ einigen Cellern nicht gefällt, damit kann Simon leben: „Wer mit Kunst zu tun hat und nur positive Rückmeldungen bekommt, ist an der falschen Adresse“. Lukas Sander
Das Kunstmuseum Celle öffnet am kommenden Sonntag seine Türen. Besucher finden das Haus gegenüber dem Celler Schloss. Weitere Informationen unter: www.kunst.celle.de