: Gewalt von rechts und links
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT De Maizière will Linksextremismus stärker bekämpfen, Gefahr rechter Gewalt bleibt hoch
AUS BERLIN WOLF SCHMIDT
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für 2009 vor Gewalt von Rechtsextremisten und Linksextremisten sowie den Gefahren des islamistischen „Homegrown Terrorism“ gewarnt.
„Die Gefahr des gewaltbereiten Rechtsextremismus bleibt gleich hoch“, sagte er in Berlin. Als besorgniserregend bezeichnete de Maizière die Zunahme der Gewaltbereitschaft bei den „Autonomen Nationalisten“, die sich Kleidung und zum Teil auch Parolen bei den Linksautonomen abgeschaut hätten. Als weiterer Trend wird in dem Bericht die Nutzung von sozialen Netzwerken und Videoplattformen durch Rechtsextreme genannt. Mittlerweile existierten zudem 29 Internet-Radios, die rechtsextreme Musik sendeten.
Als „gute Nachricht“ bezeichnete de Maizière, dass die Mitgliederzahl der NPD auf 6.800 gesunken ist. Bei der DVU, die sich in diesen Tagen in einem Streit um die Parteiführung vollends zu zerlegen scheint, ist die Zahl der Mitglieder sogar auf 4.500 zurückgegangen.
Die Zahl der linksextremistischen Gewalttaten hat sich laut Bericht von rund 700 im Jahr 2008 auf 1.100 erhöht. Als „gewaltbereit“ werden nun 6.600 Linksextreme eingestuft. Innenminister de Maizière kündigte erneut an, den Linksextremismus stärker bekämpfen zu wollen. Man wisse zu wenig über die Szene, ihre Kommunikationswege und die „Leitfiguren“, sagte de Maizière. Zugleich betonte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, dass man nicht von „Formen des Terrorismus“ reden könne. Nachdem bei der Explosion eines Sprengkörpers auf einer linken Demo in Berlin vor neun Tagen zwei Polizisten erheblich verletzt wurden, hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) von einem „Comeback des linken Terrors“ gesprochen.
De Maizière verteidigte zudem, dass die Linkspartei weiter vom Verfassungsschutz beobachtet wird, betonte aber, dass das nur für Teile gelte – etwa die Kommunistische Plattform oder die „Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí“. Im Bericht heißt es: „‚Die Linke‘ akzeptiert in ihren Reihen offen extremistische Zusammenschlüsse, deren Ziel eine sozialistisch-kommunistische Staats- und Gesellschaftsordnung ist.“
Die Sicherheitsbehörden haben 2009 außerdem zunehmende Reisebewegungen von Islamisten nach Pakistan und Afghanistan festgestellt. Mehr als 30 verdächtige Personen hätten sich im vergangenen Jahr von Deutschland aus in die Region aufgemacht, sagte de Maizière. Fromm kündigte für diesen Sommer ein Aussteigerprogramm für militante Islamisten an. Eine entsprechende Telefon-Hotline solle bald freigeschaltet werden. Experten sind aber skeptisch, ob so eine Deradikalisierung gelingen kann. „Wenn jemand wirklich auf dem Dschihad-Trip ist, hat man als Behörde kaum eine Chance“, sagte ein hochrangiger Sicherheitsbeamter der taz. Auch Fromm hält sich mit Erwartungen zurück. Die Hotline sei ein „möglicher bescheidener Beitrag“.
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