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Archiv-Artikel

Koalitionskrach unter Kollegen

Staatstragend oder „heißer Herbst“? NRW-Gewerkschaften streiten über Haltung zur großen Koalition. IG BCE für Kooperation mit Regierung, DGB im Ost-Ruhrgebiet setzt auf Massenprotest

VON KLAUS JANSENUND MARTIN TEIGELER

Die große Koalition spaltet die Gewerkschaften in NRW. Nach taz-Informationen plant der DGB im östlichen Ruhrgebiet am 12. September eine Großkundgebung mit IG-Metall-Chef Jürgen Peters gegen die Politik der Bundesregierung und gegen den drohenden Jobabbau bei Deilmann-Haniel und Allianz. „Es sieht nach einem heißen Herbst aus“, sagt Dortmunds DGB-Regionalvorsitzender Eberhard Weber. NRW-DGB-Vizechefin Elke Hannack warnte indes vor einem Antiregierungskurs. „Wir sind keine außerparlamentarische Opposition“, so Hannack gestern zur taz.

Ausgelöst hatte die Debatte der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt. Ausgerechnet in der FAZ und im Handelsblatt, nicht gerade Organe der deutschen Gewerkschaftsbewegung, warnte Schmoldt den DGB vor einem „Verlust an Politikfähigkeit“. Es wäre „fatal, auf eine rot-rote Regierungsbildung setzen zu wollen, statt mit der schwarz-roten Bundesregierung Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu nutzen und zu erproben“, wurde Schmoldt zitiert. Als Negativbeispiel verwies Schmoldt auf den letzten DGB-Kongress Ende Mai in Berlin. CDU-Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Vizekanzler Franz Müntefering waren von den DGB-Delegierten ausgepfiffen worden. Nun schmollt Schmoldt. „Das Verhalten der Delegierten war sicher kein Ruhmesblatt für die Gewerkschaftsbewegung. So etwas tut man einfach nicht“, sagte auch der Chef der IG BCE Westfalen, Kurt Hay.

Der 61-jährige Bergarbeiterführer Schmoldt ist Spezi von Ex-Kanzler Schröder gilt seit Jahren als Freund einer großen Koalition. „Der Schmoldt hat eine große Nähe zu SPD und CDU“, sagt ein Gewerkschafter aus NRW. Schon vor der Bundestagswahl 2005 hatte Schmoldt für eine korporatistische Konsenspolitik geworben. Gäbe es ein Panini-Album mit Bildern des schwarz-roten Kabinetts, Hubertus Schmoldt hätte die meisten Minister wohl schon eingeklebt.

Andere Gewerkschafter können sich durchaus Alternativen zu CDU und SPD vorstellen. Im DGB-Bundesvorstand wurden Schmoldts Thesen gestern in einer Sondersitzung diskutiert. „Die Arbeitnehmerorganisationen müssen überparteilich sein“, sagt Ver.di-Landesvorstand Wolfgang Zimmermann. Der Gewerkschafter ist zugleich NRW-Landeschef der linken Wahlalternative (WASG). „Partei- und Gewerkschaftsarbeit trenne ich“, so Zimmermann. Doch seine Partei und seine Gewerkschaft hätten den gleichen Gegner: „die neoliberale Politik“. Es gebe Gemeinsamkeiten. Die WASG fordere etwa einen Mindestlohn von acht Euro, der DGB 7,50 Euro.

„Wer die Tür zuhaut, muss auch in der Lage sein, sie wieder aufzumachen“, sagt der Bergbau-Gewerkschafter Hay. Auch der Dortmunder DGBler Weber betont Gesprächsbereitschaft – allerdings nicht, ohne zu drohen. Gegen die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge und die Mehrwertsteuererhöhung „bei Milliarden-Steuerentlastungen der Unternehmen“ müsse der DGB mobilisieren, sagt er: „Die Unruhe bei den Beschäftigten steigt.“