: Gar nicht fauler Finne mit hochwertigen Socken
CRIME SCENE Der Kämpfer gegen das Böse in Jyväskylä: Markku Ropponens Otto-Kuhala-Krimis etablieren das Rollenmodell des Detektivs als Lebenskünstler
Seit jemand auf die Idee mit den alliterierenden Titeln gekommen ist, haben die Krimis des Finnen Markku Ropponen endlich das offizielle Potenzial, Kult zu werden. Schon „Tote Finnen tanzen keinen Tango“ prägte sich unweigerlich ein; mit „Faule Finnen fangen keine Fische“ ist der Weg zur Marke endgültig beschritten.
Rein semantisch gesehen, sind die neuen Titel ganz genauso dada wie „Reusenkadaver und andere Unannehmlichkeiten“ und wie die Ropponen-Werke vorher so hießen, sind sonst aber, rein lyrisch gesehen, unendlich viel sexier. Zudem zeigt die nun in Gang gesetzte Markenbildung selbstbewusst an, dass es sich hier nicht um irgendwelche x-beliebigen Skandinavienkrimis handelt, die irgendwie auch noch lustig sein wollen. Ropponen-Ware ist viel, viel edler als nur lustig. Dafür muss natürlich der Übersetzer Stefan Moster gelobt werden, aber mit Sicherheit ist auch das Original ziemlich gut.
Wenn nichts passiert, gibt es was auf die Mütze
Angesichts des trocken-humoresken Stils, den Markku Ropponen pflegt, fällt gar nicht so auf, dass er einen Helden erfunden hat, der auf so ganzheitliche Weise Held sein darf, wie das sonst in der Kriminalliteratur gar nicht mehr geht. Otto Kuhala, ein Mann in seinen besten Jahren, arbeitet als Privatdetektiv. Schon als solcher gehört er im skandinavischen Kriminalroman, der länderübergreifend vor allem von wackeren Angestellten der staatlichen Polizeibehörden bevölkert wird, einer Minderheit an. Als lonesome rider und freundlicher Anarchist kommt Kuhala der Polizei immer wieder in die Quere und ist ihr dabei stets einen Schritt voraus. Allerdings nicht aufgrund brillanter detektivischer Arbeit, sondern einfach deshalb, weil sein Autor den Zufall so spielen lässt, dass Kuhala in einem fort über Leichen stolpert. Und wenn das gerade nicht passiert, so bekommt er auf die Mütze.
In „Faule Finnen fangen keine Fische“, seinem neuesten Fall, fliegen dem Ermittler nur so die Kugeln um die Ohren. Denn der Fall, der gelöst werden soll, scheucht in der mittelfinnischen Provinzstadt Jyväskylä, wo Kuhala seine unbeirrbare Aufklärungsarbeit leistet, so manches lichtscheue Element hinter dem Ofen auf.
Eine Studentin, die als Aushilfe in einem Supermarkt arbeitete, ist ermordet worden, und da die Polizei – natürlich – bei den Ermittlungen nicht vorankommt, schaltet der trauernde Vater Kuhala ein. Der fällt wie der Elefant in den Porzellanladen ein in das sozial empfindliche, desolate Milieu von Jyväskyläs Problemviertel, wo der Mord geschah, eckt sofort bei den örtlichen Kleinkriminellen an und wird von der Sozialarbeiterin des Viertels für einen Vortrag über den Beruf des Privatdetektivs verpflichtet. Durch all diese Aktivitäten steigt Kuhalas Bekanntheit in einem Maße, das der zur Ausübung seines Berufes notwendigen Diskretion reichlich zuwiderläuft. Nebenbei geschieht, wie immer in Kuhalas bewegtem Leben, so allerlei anderes, was auch einen Raubüberfall und den Tod seines besten Freundes einschließt.
Die finale Lösung des Falls ist wieder einmal von der Art, die den Menschen an der Schlechtigkeit der Welt verzweifeln lassen könnte. Umso mehr ist Otto Kuhala mit seinem stoischen Festhalten am unbeirrten Sichdurchwurschteln ein unbedingt nachahmenswertes Rollenmodell.
Ropponen zu lesen macht glücklich; denn hier überwiegt die Freude an den kleinen Dingen des Lebens noch eindeutig das Leiden am großen Ganzen: „Kuhala hatte sich einige Tage zuvor zwei Handvoll hochwertige Socken gekauft und war nun mit warmen Füßen auf Tour. Während der Autofahrt hatte er sich gewundert, wie viel Freude und Selbstsicherheit einem ein Paar Strümpfe ohne Loch bescheren konnten.“ KATHARINA GRANZIN
■ Markku Ropponen: „Faule Finnen fangen keine Fische“. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Piper, München 2013, 352 Seiten, 9,99 Euro