Aufklärung auf evangelisch

MISSBRAUCH Die nordelbische Landeskirche hat einen Zwischenbericht zu den Missbrauchsfällen in Ahrensburg vorgelegt. Interessant an dem Bericht ist vor allem, was nicht drin steht

Starke Indizien dafür, dass die Pröpstin mehr wusste, als sie bisher zugegeben hat

Als die Nordelbische Kirche gestern ihren Zwischenbericht zu den Missbrauchsfällen in Ahrensburg verschickte, gab es mit gutem Grund keine Pressekonferenz. „Der Bericht ist dünn, das muss man zugestehen“, sagt der stellvertretende Kirchensprecher Pastor Thomas Kärst. Das liege daran, dass man mit der Kieler Anwaltskanzlei Brock Müller Ziegenbein einen externen Gutachter eingeschaltet habe. „Die haben darum gebeten, nicht zu viele Details herauszugeben, damit sie nicht wieder zurückrudern müssen.“

Die Kirchenleitung habe den Brief eines Opfers im März, der die Vorfälle schilderte, zum Anlass genommen, die „seinerzeitigen Vorgänge mit Nachdruck aufzuklären“, heißt es in dem Bericht. Die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet, kirchliche Disziplinarverfahren gegen die beiden Ahrensburger Pastoren K. und H. seien eingeleitet worden. Weitere Disziplinarverfahren würden geprüft.

Die Opfervereinigung „Missbrauch in Ahrensburg“ hat die Kirche in einer ebenfalls gestern verbreiteten Erklärung beschuldigt, die Aufklärung der Fälle in Ahrensburg nur widerwillig zu betreiben. So sei es „nicht nachvollziehbar“, dass das Kirchenamt immer noch prüfe, ob man die damals für Ahrensburg zuständige Pröpstin Heide Emse überhaupt belangen könne. Emse, die den Missbrauchs-Pastor K. 1999 versetzen ließ, aber kein Disziplinarverfahren gegen ihn einleitete, habe es zu verantworten, dass nicht strafrechtlich gegen K. vorgegangen worden sei. Inzwischen seien viele der Delikte verjährt.

Tatsächlich sprechen nach taz-Informationen starke Indizien dafür, dass die Pröpstin, die später ins Kirchenamt nach Kiel wechselte, mehr von den Missbrauchsfällen wusste, als sie bisher zugegeben hat. Gegenüber dem Spiegel hatte Emse gesagt, sie erinnere sich daran, dass eines der Opfer, Claudia B., Pastor K. in dessen Beisein beschuldigt und der „ein Verhältnis“ zugegeben habe. Daran, dass Claudia B. ihr von fünf weiteren Fällen berichtet haben will, wisse sie nichts mehr, außer, dass „ein Sebastian“ vorgekommen sei.

Vor dem Gespräch hatte Claudia B. jedoch die Opfer, deren Namen sie der Pröpstin nennen wollte, von ihrem Vorhaben informiert, darunter Sebastian Kohn, einen der Stiefsöhne des Pastors. Danach meldete sie sich wieder und sagte, sie habe es nun getan.

Als die Ahrensburger Pastoren später von der Pröpstin wissen wollten, warum ihr Kollege K. versetzt wurde, sagte die nur, K. habe Claudia B. „vor langen Jahren sexuell belästigt“. Von den anderen Fällen war keine Rede mehr. WIE